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Mathematik: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
Released by matroid on Mo. 20. Oktober 2008 10:26:51 [Statistics] [Comments]
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Mathematik

\(\begingroup\) Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis Der Satz von Cayley\-Hamilton sagt folgendes: Ist A eine quadratische Matrix und p_A = \det(tI - A) ihr charakteristisches Polynom, so gilt p_A(A)=0. Der hier präsentierte Beweis dafür ist besonders anschaulich, weil er zeigt, inwiefern sich der leichte Spezialfall einer Diagonalmatrix A mit Hilfe eines topologischen Argumentes auf beliebige A ausdehnt.

Zunächst einmal identifizieren wir die Menge M_n(K) der n x n \- Matrizen über einem Körper K mit der Menge K^(n^2) und versehen diese Menge mit der Zariski\-Topologie; die abgeschlossenen Mengen sind also Lösungsmengen von polynomialen Gleichungssystemen in den Einträgen der Matrizen. Zum Beispiel ist die Menge der symmetrischen Matrizen abgeschlossen, die definierenden Gleichungen sind X_(ij)=X_(ji). Siehe auch hier. Wir zeigen im Folgenden: (0) Man kann K als algebraisch abgeschlossen annehmen. (1) Jede diagonalisierbare Matrix erfüllt den Satz von Cayley\-Hamilton. (2) Die Menge der Matrizen, die den Satz von Cayley\-Hamilton erfüllen, ist abgeschlossen. (3) Die diagonalisierbaren Matrizen sind dicht in M_n(K). Daraus wird dann der Satz von Cayley-Hamilton folgen. Es gibt noch zwei verbreitete Beweise: Einer benutzt adjungierte Matrizen (siehe z.B. Bosch, Lineare Algebra, 6.2/10, oder Gerd Fischer, Lineare Algebra, 4.5.3, oder das ganze abstrakt formuliert im Beweisarchiv von Wikipedia), und im anderen wird benutzt, dass Matrizen über algebraisch abgeschlossenen Körpern trigonalisierbar sind, wo dann eine kleine Induktion zum Ziel führt (siehe z.B. Gerd Fischer, Lineare Algebra, 4.5.3).
\big\(0)\normal Wählen wir einen algebraischen Abschluss K^- von K, so liegt M_n(K) in M_n(K^-) und die Bildung des charakteristischen Polynoms von A \in M_n(K), welches ja als Koeffizienten Polynome in den Einträgen von A hat, sowie das Einsetzen von A können auch in M_n(K^-) mit demselben Ergebnis vorgenommen werden. Also reicht es, die Behauptung für K^- zu zeigen. Daher dürfen wir K = K^- annehmen. \big\(1\)\normal Wenn D=diag(\l_1,...,\l_n) eine Diagonalmatrix ist, so ist das charakteristische Polynom von A gleich p_A = (t-\lambda_1)*...*(t-\lambda_n), sodass p_A(A)=diag(0,\lambda_2-\lambda_1,...)*...*diag(\lambda_1-\lambda_n,...,0)=0. Ist allgemeiner A diagonalisierbar, etwa A = C D C^(-1) mit C \in GL_n(K) und einer Diagonalmatrix D, so gilt p_A(A)=p_D(A)=C p_D(D) C^(-1) = 0. \big\(2\)\normal Hier ist zu zeigen, dass p_A(A)=0 ein polynomiales Gleichungssystem in den Einträgen von A ist. Das liegt im Prinzip daran, dass das charakteristische Polynom ein Polynom in den Einträgen der Matrix ist, was aber nicht von der Matrix abhängt, und dass die Matrixaddition\- und multiplikation polynomiell sind. Um dies exakt zu begründen, betrachten wir den "Koordinatenring" B := K[ menge(X_(ij) : 1<=i,j<=n) ], also den Polynomring mit den Matrixkoordinaten als Unbestimmten, und setzen p := \det(t - ( X_ij )_(1<=i\,j<=n)) \in B[t]. Das charakteristische Polynom p_A \in K[T] einer Matrix A entsteht dann durch die Auswertung B \to K, X_(ij) \to A_(ij). Wir setzen den kanonischen Homomorphismus B \to M_n(B) via t \mapsto ( X_ij )_(1<=i\,j<=n) zu einem B\-Algebrenhomomorphismus B[t] \to M_n(B) fort. Das Bild von p schreiben wir als ( q_(ij) )_(1<=i\,j<=n) mit q_(ij) \in B. Ist nun A \in M_n(K), so induziert X_(ij) \mapsto A_(ij) einen K\-Homomorphismus B[t] \to K[t] sowie M_n(B) \to M_n(K). Einsetzen von A in t liefert außerdem einen K\-Homomorphismus K[t] \to M_n(K). Die konstruieren Abbildungen setzen sich zu einem kommutativen Diagramm B[t] \to M_n(B) \textdownarrow array( ) \textdownarrow K[t] \to M_n(K) zusammen, womit wir sehen, dass p_A(A)=0 genau dann gilt, wenn A eine Nullstelle der q_ij ist. \big\(3\)\normal Kommen wir nun zum Knackpunkt des Beweises. Wir zeigen nicht nur die Dichtheit der diagonalisierbaren Matrizen, sondern sogar der Matrizen mit paarweise verschiedenen Eigenwerten. Bilde dazu die Diskriminante disc(p) \in B von p \in B[t]. Diese ist ein Polynom in den Koeffizienten von p, sodass sie sich gut mit Einsetzen verträgt: Für A \in M_n(K) gilt disc(p)(A)=disc(p_A). Dies ist genau dann von 0 verschieden, wenn p_A keine mehrfachen Nullstellen hat, d.h. wenn A paarweise verschiedene Eigenwerte hat. Demnach ist zu zeigen, dass M_n(K) \\ V(disc(p)) dicht in M_n(K) ist. Sei dazu M_n(K) \\ V(disc(p)) \subseteq V(g) für ein g \in B. Dann verschwindet disc(p) * g \in B in jedem Punkt von M_n(K), und ist damit 0 \(dies zeigt man zunächst für Polynome mit einer Unbestimmten, und dann induktiv für eine beliebige Anzahl\). Wegen deg(p) = n>= 1 ist aber disc(p) != 0 und damit g = 0, d.h. V(g)=M_n(K), wie gewünscht. Dieses Argument lässt sich auch verallgemeinern: Jede nichtleere offene Teilmenge in K^m ist dicht. Eine zunächst merkwürdige Eigenschaft der Zariski\-Topologie, die uns aber hier zu einem recht anschaulichen Beweis des Satzes von Cayley\-Hamilton geführt hat.
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: Determinanten :: Algebra :: Lineare Algebra :: Topologie :: Polynome :: Algebraische Geometrie :: Reine Mathematik :
Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis [von Martin_Infinite]  
Beweis des Satzes von Cayley-Hamilton durch ein Dichtsheitsargument in der Zariski-Topologie.
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"Mathematik: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis" | 11 Comments
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Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: CyCeVa am: Mo. 20. Oktober 2008 13:49:49
\(\begingroup\)Sehr netter Beitrag und eine wirklich schoene Idee. Danke Martin!\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: scorp am: Mo. 20. Oktober 2008 16:56:37
\(\begingroup\)Hübsch, hübsch. Ist bekannt, von wem diese Idee stammt? (Von dir, aus einer Vorlesung, oder gar Erstniederschrieb ...) Alex\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Martin_Infinite am: Mo. 20. Oktober 2008 17:17:45
\(\begingroup\)danke. das ist hier eine ausarbeitung/modifikation von www.mathlinks.ro/viewtopic.php?t=232172 der beweis ist ziemlich sicher folklore ;-).\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Patrix am: Sa. 03. Oktober 2009 01:30:13
\(\begingroup\) Analog kann man auch durch ein Stetigkeitsargument beweisen, das \chi_(A*B)(X)=\chi_(B*A)(X) für zwei Matrizen A,B\el\ M_n(\IC) gilt. Für A invertierbar gilt die Aussage, da dann A*B und B*A ähnlich sind.Sei nun A beliebig, da GL_n(\IC) dicht ist in M_n(\IC) finden wir eine Folge ((A_n)) aus GL_n(\IC) die gegen A konvergiert bzgl. der Operatornorm und daher konvergiert (A_n*B) gegen A*B und (B*A_n) gegen B*A. Da die Koeffizienten des charakteristischen Polynom stetig von der Matrix abhängen folgt also: \chi_(A*B)=lim(n->\inf,\chi_(A_n*B))=lim(n->\inf,\chi_(B*A_n))=\chi_(B*A) Patrick\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Martin_Infinite am: Sa. 03. Oktober 2009 01:56:02
\(\begingroup\)... oder für einen beliebigen körper mit der zariski-topologie argumentieren :). da braucht man dann auch keine konvergenz, sondern nur die topologie.\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Hanno am: Sa. 03. Oktober 2009 10:38:50
\(\begingroup\)Sehr elegant!\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Patrix am: Di. 06. Oktober 2009 16:50:11
\(\begingroup\) Man kann auch noch anders argumentieren ohne die Zariski-Topologie zu benutzen.Dazu betrachten wir die "universellen n\cross\ n Matrizen" X:=((X_ij))_ij, Y:=((Y_ij))_ij in den Variablen X_ij und Y_ij. Man beachte das die Matrix X dann offenbar invertierbar ist in M_n(K) wobei K:=k({X_ij,Y_ij: 1<=i,j<=n}). Daher sind XY und YX ähnlich und folglich ist \chi_XY(T)=\chi_YX(T). Beachten wir nun das die Koeffizienten von \chi_XY(T) und \chi_YX(T) selber Polynome in den Variablen X_ij und Y_ij sind,so können wir folgern \chi_AB(T)=\chi_BA(T) für A,B\el\ M_n(k). gruß Patrick\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Martin_Infinite am: Sa. 11. Juni 2011 12:12:01
\(\begingroup\)@Patrick: Schöner Beweis. Das Motto ist hier wohl: Gilt eine algebraische Gleichung generisch, so gilt sie überall.\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Dune am: Fr. 05. Juli 2013 12:55:14
\(\begingroup\)Hi Martin, wirklich schöner Beweis! Ich frage mich nur gerade, wo du eigentlich die algebraische Abgeschlossenheit des Körpers verwendet hast. Man kann ja über jedem Körper die gemeinsamen Nullstellenmengen von Polynomen als abgeschlossene Mengen einer Topologie auffassen (die man wohl nur im algebraisch abgeschlossenen Fall als Zariski-Topologie bezeichnet). Wäre dein Beweis dann immer noch gültig? Viele Grüße, Dune\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Martin_Infinite am: Fr. 05. Juli 2013 14:51:47
\(\begingroup\)Ich brauche, dass jede Matrix mit paarweise verschiedenen Eigenwerten schon diagonalisierbar ist.\(\endgroup\)
 

Re: Der Satz von Cayley-Hamilton: Ein topologischer Beweis
von: Dune am: Fr. 05. Juli 2013 15:14:55
\(\begingroup\)Verstehe. Danke dir!\(\endgroup\)
 

 
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