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Mathematik: Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5
Released by matroid on So. 05. September 2004 00:00:58 [Statistics] [Comments]
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Mathematik

\(\begingroup\) Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5 Reelle Zahlen
In diesem letzten Teil werden wir uns damit beschäftigen, inwiefern sich die Analysis selbst mit einem archimedisch angeordneten Körper wie nicht zufrieden geben kann, Dedekinds formale Lösung dafür präsentieren und die wesentliche Einzigartigkeit dieser Lösung nachweisen.
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(Un)vollständigkeit
Jeder angeordnete Körper K hat eine besondere Eigenschaft, die man Dichtheit nennt: Sind x,z \el K mit x < z, so gibt es ein y \el K mit x < y < z. Zum Beweis kann man y=(x+y)/2 nehmen, wobei 2:=1+1 > 0 ist, weil sich jedem angeordneten Körper 1 > 0 (indirekt) zeigen lässt. Insbesondere ist also dicht. Diese Eigenschaft bedeutet, dass man zwischen zwei rationalen Zahlen immer wieder eine neue rationale Zahl findet. Wenn man diesen Prozess nun unendlich oft fortsetzt, so scheint damit die gesamte Zahlengerade ausgefüllt zu sein. Aber die Analysis verlangt nach einem angeordneten Körper K, bei dem die "Dichtheit" auch für Mengen gilt. Genauer gesagt, es soll folgendes gelten, was man sich gut an der Zahlengeraden veranschaulichen kann: Sind A, B nichtleere Teilmengen von K mit der Eigenschaft, dass aVollständigkeit. Im ersten Teil von "Einführung in die Analysis, Theorie, Aufgaben u. Ergebnisse" von Heinz Bachmann wird sehr schön dar gestellt, welche Folgen diese Eigenschaft hat, etwa die Existenz von Supremum bzw. Infimum in nichtleeren nach unten bzw. oben beschränkten Teilmengen, die archimedische Eigenschaft, dass jede Intervallschachtelung genau einen Grenzwert besitzt, die Überabzählbarkeit von K, dass monotone beschränkte Folgen konvergent sind, der Satz von Bolzano-Weierstraß, das Cauchysche Konvergenzkriterium, und vieles mehr. Die Vollständigkeit des Körpers ist unentbehrlich für die Analysis, und daher wollen wir nun vervollständigen, d.h. einen vollständig angeordneten Körper finden, in dem ordnungs- und verknüpfungstreu eingebettet werden kann. Aber vorher sollten wir uns fragen, ob wir die ganze Zeit falsch verdächtigt haben. Vielleicht ist ja schon vollständig! Nun, angenommen das stimmt wirklich. Wir betrachten jetzt die Mengen A=menge(x\in\IQ_(>0) | x^2 < 2), B=menge(x\in\IQ_(>0) | x^2 > 2) Sie besitzen die Voraussetzungen dafür, dass man die Vollständigkeit benutzen kann, um ein s\in\IQ mit a<=s<=b für alle a\in\A, b\in\B zu er- halten. Weil es bekanntlich keine rationale Zahl gibt, deren Quadrat 2 ist und s>0 sein muss, ist damit s\in\A oder s\in\B. Angenommen s\in\A. Aus s^2<2 und s>0 folgt 00 folgt (1-x)^2=1-2x+x^2 > 1-2x=1-(1-s^2/2)=s^2/2 und weiter a^2<2. Wegen x<1 und s>0 ist ferner a>0, also a\in\A und damit a<=s. Aufgrund 1-x<1 ist aber s2 und s>0 folgt 00 folgt (1-x)^2=1-2x+x^2 > 1-2x=1-(1-2/s^2)=2/s^2 und daher b^2>2. Wegen 1-x>0 und s>0 ist ferner b>0, also b\in\B und damit s<=b. Aufgrund 1-x<1 ist aber b doch nicht vollständig.

Konstruktion der reellen Zahlen
Der Mathematiker Dedekind, der zur Mitte des 19. Jahrhunderts die rein geometrische Erklärung der reellen Zahlen kritisierte, die ja den Grundstein der damaligen Differentialrechnung bildeten, hatte eine Lösung für dieses formale Problem der Vollständigkeit, die wir von den reellen Zahlen ja erwarten, gefunden. Die Idee besteht darin, dass jede reelle Zahl die rationale Zahlengerade in zwei Abschnitte einteilen soll, in einen sogenannten dedekindschen Schnitt, und man etwa den rechten Abschnitt mit jener Zahl identifiziert. Ein solcher Abschnitt ist bereits dadurch charakterisiert, dass - er nichtleer ist. Denn sonst wäre sozusagen + unendlich eine reelle Zahl. - er nicht ganz ausfüllt, weil sonst sozusagen - unendlich reell wäre. - er kein kleinstes Element hat. - jede Zahl rechts von einem Element des Abschnittes auch im Abschnitt liegt. Die formale Definition der Menge der reellen Zahlen lautet also \nogreeks define(u,union(Y)) define(mm,\void\max) define(ii,\void\min) \IR:=menge(A\subset\IQ|A!=\0\and\not\exists\ii(A)\and\forall x\in\IQ \forall a\in\A : ax\in\A) Eine reelle Zahl soll kleiner als eine andere sein, wenn ihr Abschnitt weiter links auf der Zahlengraden liegt, sprich dieser größer ist. Deswegen definieren wir für A, B \in \IR A < B <=> B \subset A Diese Relation ist sicher irreflexiv und transitiv. Wir zeigen jetzt, dass je zwei reelle Zahlen A,B vergleichbar sind und damit (\IR,<) eine Totalordnung ist: Angenommen Aa+b, also x-a>b, so wähle mit der Dichtheit von \IQ ein y\in\IQ mit x-a>y>b. Damit folgt x=(x-y)+y\in\A+B. Wenn A+B ein klein- stes Element a+b hätte, so wäre a+b<=a'+b, also a<=a' für jedes a'\in\A, womit aber A ein kleinstes Element hätte. Damit ist A+B\in\IR gezeigt. \blue\Assoziativität und Kommutativität der Addition \black\werden von \IQ direkt auf \IR übertragen. Als nächstes verifizieren wir, dass \IQ_(>0) das \blue\Nullelement \black\ist. Sicher gilt A+\IQ_(>0)=menge(a+x|a\in\A, x\in\IQ, x>0)\subsetequal\A wegen a+x>a für x>0. Ist a\in\A, so gibt es, weil A kein kleinstes Element hat, ein b\in\A mit b0) sowie a=b+x\in\A+\IQ_(>0). Damit gilt tatsächlich A+\IQ_(>0)=A. Jetzt sehen wir, dass -A:=menge(x|-x\in\IQ-A\and\-x!=\mm(\IQ-A)) das zu A\in\IR \blue\additive inverse Element \black\ist. Zunächst müssen wir-A\in\IR zeigen: Es gibt ein x\in\IQ-A. Dann ist 1-x\in\-A, insbesondere-A!=\0. Aus \IQ=-A folgte für jedes x\in\IQ, dass es ein -x\in\IQ-A mit -k=x, also k=-x gibt. Dann wäre aber \IQ-A=\IQ, also A=\0, Widerspruch. Angenommen -A hat ein kleinstes Element -x. Wegen x!=\mm(\IQ-A) gibt es ein z\in\IQ-A mit x-x. Für -x\in\A wäre -y\in\A, was y\in\-A widerspricht. Es folgt x\in\-A. Damit ist -A\in\IR gezeigt. Ist a\in\A und x\in\-A, so gilt -x0. Daher gilt A+(-A)\subsetequal\IQ_(>0). Die andere Inklusion erweist sich als viel schwieriger: Seien dazu x\in\IQ_>0 und A\in\IR beliebig. Wir gehen nun von einem Element von A mit x/2-Schritte auf den Anfang von A zu, genauer gesagt wir suchen ein y\in\A mit y-x/2 \notin A: Sei a\in\A und X=menge(n\in\IN|a-n x/2\in\A) Für 1\notin\X könnten wir y=a nehmen, ansonsten ist 1\in\X, also X!=\0. Angenommen X ist unendlich. Dann wird durch f_0=\ii(X), f_(n+1)=\ii(X-f(\IN_(<=n))) Bijektion von \IN auf X mit f_n>=n für alle n\in\IN definiert. Es gibt ja ein q\in\IQ-A. Weil \IQ archimedisch ist, gibt es ein n\in\IN mit n>=(a-q)/(x/2). Dann folgt wegen f_n>=n aber q>=a -f_n x/2\in\A, also der Widerspruch q\in\A. Also ist X doch endlich, d.h. abs(X)=abs(\IN_(0. Induktion nach m ergibt, dass X ein kleinstes Element n hat. Sei y=a-n x/2. Dann gilt y\in\A wegen n\in\X, ferner ist aufgrund der Min- imalität von n y-x/2=y-a(n+1) x/2\notin\A. Da wir A\in\IR beliebig gewählt haben, können wir dies auch auf -A\in\IR anwenden, und erhalten ein y'\in\-A mit y'-x/2\notin\-A. Wegen y'-x/2\notin\-A ist x/2-y'\in\A oder x/2-y'=\mm(\IQ-A). Angenommen x/2-y'=\mm(\IQ-A). Wegen y-x/2\notin\A ist y-x/2<=x/2-y', also y+y'<=x. Ansonsten ist x/2-y'\in\A. Aus y+y'>x folgte y-x/2>x/2-y', also der Widerspruch y-x/2\in\A. In jedem Falle gilt also y+y'<=x. Wegen y+y'\in\A+(-A) folgt hieraus x\in\A+(-A), und auch die Inklusion ist \IQ_(>0)\subsetequal\A+(-A) ist endlich gezeigt. Also ist (\IR,+) eine \blue\abelsche Gruppe. \black\Bevor wir uns mit der Multi- plikation beschäftigen, können wir schon das \blue\1. Monotoniegesetz \black\zeigen: Seien A,B,C\in\IR mit A0 für A<0. \nogreeks define(mm,\void\max) define(ii,\void\min) Das \blue\Produkt \black\von A,B\in\IR könnten wir zwar analog zur Addition durch AB:=menge(ab|a\in\A, b\in\B) definieren, aber dies ist nur für A,B>0 sinnvoll. Wir werden die Multiplikation später auf ganz \IR ausdehnen. Zunächst machen wir uns klar, dass die Multiplikation in \IR_(>0) abge- schlossen ist. Seien also A,B\in\IR_(>0). Weil A,B nichtleer sind, ist es auch AB. Für alle ab\in\AB gilt ab>a0=0, es gilt also AB\subsetequal\IQ_(>0). Wegen A,B>0 sind A,B echte Teilmengen von \IQ_(>0). Es gibt also x,y>0 mit x\notin\A und y\notin\B. Angenommen es gibt ein ab\in\AB mit ab=xy. Dann ist abx^(-1)\notin\B, damit abx^(-1)0)-AB und folglich AB\subset\IQ_(>0), d.h. AB>0. Insbesondere ist AB!=\IQ. Wenn AB ein kleinstes Element ab hätte, so folgte ab<=a'b für alle a'\in\A, womit aber A ein kleinstes Element a hätte, das gar nicht existieren darf. Also hat AB doch kein kleinstes Element. Seien nun x\in\IR , ab\in\AB mit aba und xy^(-1)>b, also x=y(xy^(-1))\in\AB. Damit ist AB\in\IR_(>0) gezeigt. Das \blue\multiplikative Kommutativ-, Assoziativ-und Distributivgesetz \black\wird von \IQ direkt auf \IR_(>0) übertragen. Das \blue\Einselement \black\lautet \IQ_(>1), was wir nun einsehen werden: Für A\in\IR_(>0) gilt A\IQ_(>1)=menge(ax|a\in\A, x\in\IQ_(>1))\subsetequal\A, weil ax>a für a\in\A, damit a>0 und x>1 gilt. Nun sei umgekehrt a\in\A. Weil A kein Minimum hat, gibt es ein x\in\A mit x1. Damit ist a=x(x^(-1) a)\in\A\IQ_(>1), folglich A\subsetequal\A\IQ_(>1), zusammen also A=A\IQ_(>1). Kommen wir nun zu den \blue\multiplikativen Inversen. \black\Für A\in\IR_(>0) setze A^(-1):=menge(x\in\IQ|x>0\and\x^(-1)\in\IQ-A\and\x^(-1)!=\mm(\IQ-A)) Zunächst ist zu zeigen, dass wirklich A^(-1)\in\IR_(>0) ist. Wegen A>0 gibt es ein x\in\IQ_(>0) mit x\notin\A. Wähle ein y\in\IQ mit 00) und damit A^(-1)!=\IQ. Angenommen A^(-1) hat ein kleinstes Element x. Es gibt ein z\in\IQ-A mit x^(-1)y^(-1). Dann ist offenbar y\in\A^(-1). Aus A^(-1)=\IQ_(>0) folgte x^(-1)\in\A^(-1) für x>0, also \IQ_(>0)\subsetequal\IQ-A. Dies widerspricht der Forderung, dass A eine echte Teilmenge von \IQ_(>0) ist. Damit ist alles für A^(-1)\in\IR_(>0) gezeigt. Ist a\in\A und x\in\A^(-1), so gilt x^(-1)1. Daher gilt AA^(-1)\subsetequal\IQ_(>1). Der Nachweis der anderen Inklusion ist wesentlich schwieriger: \nogreeks define(mm,\void\max) define(ii,\void\min) Dafür wollen wir zunächst Potenzen einführen: Sei f die ordnungs- und verknüpfungstreue Bijektion von \IZ_(>=0) auf \IN. Für x\in\IQ und n\in\IN definiere x^n rekursiv durch x^0 = 1 , x^(n+1) = x^n x Für z\in\IZ definiere x^z durch x^(f(z)) für z>=0 und durch (x^(f(-z)))^(-1) für z<=0. Damit sind die üblichen Potenzgesetze erfüllt, die wir nun auch voraussetzen wollen. Angenommen \IQ_(>1)\subsetequal\AA^(-1) ist falsch, d.h. es gibt ein x\in\IQ_>1 mit x \notin AA^(-1). Wähle y,z\in\IQ mit x>y>z>1. Setze M:=menge(n\in\IZ|z^n\in\A) Sei a\in\A und definiere b=z-1>0. Wähle n,m\in\IN mit n>a und m>(n-1)b^(-1) aus. Nach der Bernoulli-Ungleichung gilt dann z^m = (b+1)^m >= 1+mb > 1+(n-1) = n > a \in A also f^(-1)(m)\in\M und somit M!=\0. Nun finden wir eine untere Schranke von M: Wegen A>0 gibt es ein a>0 mit a\notin\A. Wie beim Nachweis von M!=\0 finden wir ein n\in\IZ mit z^n>a^(-1). Sei m\in\M beliebig. Wegen a\notin\A und z^m\in\A gilt a1 folgt hieraus -nz>0 gilt y^(-1)y^(-1) z^m und der Minimalität von m in M folgt y^(-1) z^m\in\IQ-A. Wegen y>0, z>0 gilt yz^(-m) > 0. Für y^(-1) z^m=\mm(\IQ-A) wäre AA^(-1)=\IQ_(>y^(-1) z^m) \IQ_(>(y^(-1) z^m)^(-1))=\IQ_(>1) Damit gilt yz^(-m)\in\A^(-1), also y\in\AA^(-1) wegen z^m\in\A. Wegen x>y folgt hieraus der Widerspruch x\in\AA^(-1). Damit gilt also doch \IQ_(>1)\subsetequal\AA^(-1) und zusammen AA^(-1)=\IQ_(>1). \nogreeks\Wie oben bereits angekündigt, wollen wir nun die \blue\Multiplikation von \blue\IR_(>0) auf ganz \IR ausdehnen. \black\Weil wir einen Körper erhalten wollen, ist dies nur auf eine Weise möglich: AB:=fdef(0,A=0\or\B=0;AB,A>0\and\B>0;-(-A)B,A<0\and\B>0;-A(-B),A>0\and\B<0;(-A)(-B),A<0\and\B<0) Damit gilt A(-B)=-AB für alle A,B\in\IR, denn AB+A(-B)=fdef(0+0,A=0\or\B=0;AB-A(-(-B)),A>0\and\B>0;-(-A)B+(-A)(-(-B)),A<0\and\B>0;-A(-B)+A(-B),A>0\and\B<0;(-A)(-B)-(-A)(-B),A<0\and\B<0) | =0 Wegen \IQ_(>1)>\IQ_(>0)=0 ist offenbar auch hier \IQ_(>1) das Einselement. Ist A!=0, so lautet das zu A multiplikative inverse Element A^(-1) falls A>0, und -(-A)^(-1) für A<0, denn dann gilt A(-(-A)^(-1))=-A(-A)^(-1)=(-A)(-A)^(-1)=1. Das Kommutativgesetz sieht man leicht mit dem auf \IR_(>0) ein: \small\AB=fdef(0,A=0\or\B=0;AB,A>0\and\B>0;-(-A)B,A<0\and\B>0;-A(-B),A>0\and\B<0;(-A)(-B),A<0\and\B<0)=fdef(0,B=0\or\A=0;BA,B>0\and\A>0;-(-B)A,B<0\and\A>0;-B(-A),B>0\and\A<0;(-B)(-A),B<0\and\A<0)=BA Kommen wir zum \blue\Assoziativgesetz \black (AB)C=A(BC). Wenn irgendwo 0 vorkommt, so sind beide Seiten gleich 0. Daher können wir A,B,C!=0 annehmen. Aus (AB)C=A(BC) folgt ((-A)B)C=(-AB)C=-(AB)C=-A(BC)=(-A)BC womit wir uns nur den Fall A>0 anschauen müssen. Ähnlich können wir zeigen, dass wir uns auf B>0, sogar C>0 beschränken können. Das Assoziativgesetz ist aber auf \IR_(>0) schon klar. Das einzige noch fehlende Körperaxiom ist das \blue\Distributivgesetz. Dabei gehen wir wie beim Assoziativgesetz vor: Für A=0 ist A(B+C)=AB+AC klar, und aus A(B+C)=AB+AC folgt \small\(-A)(B+C)=-A(B+C)=-(AC+BC)=-AB-AC=(-A)B+(-A)C womit wir uns auf A>0 beschränken können. Für B=0 ist die Behauptung klar, und aus A(B+C)=AB+AC für B>0 und C belie- big folgt für C>B, dass A(-B+C)+AB=AC, also A(-B+C)=-AB+AC=A(-B)+AC gilt. Für C=B gilt ebenso A(-B+C)=0=-AC+AC=A(-C)+AC=A(-B)+AC Ansonsten ist C0 beschränken. Weil die Summe kommutativ ist, können wir das genauso mit C tun, und es bleibt nur noch A>0, B>0, C>0 zu untersuchen, und in diesem Fall ist das Distributivgesetz schon klar. Nun bleibt noch das \blue\zweite Monotoniegesetz: \black\Seien A,B,C\in\IR mit A0 beliebig. Wegen B-A>0 gilt dann (B-A)C>0, was nach dem Distributivgesetz gerade BC-AC>0, also ACx) und y>z folgt natürlich y\in\IQ_(>x). Wegen x+1\in\IQ_(>x) und x-1\notin\IQ_(>x) ist \IQ_(>x) eine nichtleere echte Teilmenge von \IQ. Wenn \IQ_(>x) ein kleinstes Element z hätte, so wähle ein y\in\IQ mit xx), also z<=y, ein Widerspruch. Damit ist gezeigt, dass \IQ_(>x)\in\IR ist. Seien x,y\in\IQ mit xy)\subsetequal\IQ_(>x), wegen y\in\IQ_(>x)-\IQ_(>y) sogar \IQ_(>y)\subset\IQ_(>x), also \IQ_(>x)<\IQ_(>y). Insbesondere folgt x=y aus \IQ_(>x)=\IQ_(>y). Für a+b\in\IQ_(>x)+\IQ_(>y) gilt a+b>x+y, womit \IQ_(>x)+\IQ_(>y)\subsetequal\IQ_(>x+y) ist. Sei umgekehrt z\in\IQ_(>x+y). Dann ist z-x>y, womit es ein a\in\IQ mit z-x>a>y gibt. Dann ist a\in\IQ_(>y) und z-a\in\IQ_(>x), also z=(z-a)+a\in\IQ_(>x)+\IQ_(>y). Damit gilt sogar \IQ_(>x+y)\subsetequal\IQ_(>x)+\IQ_(>y), zusammen also \IQ_(>x+y)=\IQ_(>x)+\IQ_(>y). Analoges gilt für die Multiplikation auf \IR_(>0): Genau dann gilt \IQ_(>x)>0, wenn x>0 ist. Seien also x,y\in\IQ_(>0). Für ab\in\IQ_(>x) \IQ_(>y) gilt ab>ay>xy, womit \IQ_(>x) \IQ_(>y)\subsetequal\IQ_(>xy) ist. Nun sei umgekehrt z\in\IQ_(>xy). Dann ist zx^(-1)>y, womit es ein a\in\IQ mit zx^(-1)>a>y gibt. Dann ist a\in\IQ_(>y), za^(-1)\in\IQ_(>x), also z=(z a^(-1))a\in\IQ_(>x) \IQ_(>y). Zusammen gilt also \IQ_(>xy)=\IQ_(>x) \IQ_(>y). Dies lässt sich wiefolgt auf \IR verallgemeinern: Für x,y\in\IQ gilt \small\IQ_(>x) \IQ_(>y)=fdef(0,x=0\or\y=0;\IQ_(>x) \IQ_(>y)=\IQ_(>xy),x>0\and\y>0;-(-\IQ_(>x)) \IQ_(>y)=-\IQ_(>-x) \IQ_(>y)=-\IQ_(>-xy)=\IQ_(>xy),x<0\and\y>0;-\IQ_(>x) (-\IQ_(>y))=-\IQ_(>x) \IQ_(>-y)=-\IQ_(>-xy)=\IQ_(>xy),x>0\and\y<0;(-\IQ_(>x)) (-\IQ_(>y))=\IQ_(>-x) \IQ_(>-y)=\IQ_(>xy),x<0\and\y<0) Unser Ergebnis lautet also, dass x -> \IQ_(>x) eine ordnungs- und verknüpfungstreue Injektion von \IQ nach \IR definiert, und damit \IQ in \IR eingebettet ist! Reelle Zahlen, die nicht die Form \IQ_(>x) haben, nennen wir \big\blue irrational \black\normal ; z.B. gibt es in \IR eine positive irratio- onale Zahl, deren Quadrat 2 ist, denn nach dem Unvollständigkeits- beweis weiter oben besitzt \IR als vollständig angeordneter Körper eine solche Zahl, und diese kann nicht rational sein, weil dies sonst auf \IQ übertragen werden könnte. Wir haben von nur die Eigenschaften eines archimedisch angeordneten Körpers verwendet, sodass man sogar allgemein jeden archimedisch angeordneten Körper in einen vollständig angeordneten Körper einbetten kann. Etwa hier wird die Vervollständigung mit Cauchy-Folgen anstatt mit dedekindschen Schnitten noch stärker verallgemeinert durchgeführt, was hier aber über das Ziel hinausschießen würde. Es gibt Definitionen von dedekindschen Schnitten, etwa hier, mit denen man zwar die Ordnungsstruktur vervollständigen kann, aber in Wirklichkeit keine Körperstruktur mehr erhält. Dagegen wird es hier richtig gemacht, und außerdem noch sehr schön dargestellt. Schade, dass ich diesen Link und damit dessen wahnsinnig ausführlichen und leserfreundlichen Oberartikel über den
Aufbau der Zahlenbereiche
erst gefunden hatte, nachdem mein Projekt hier schon so gut wie abgeschlossen war. Wer durch meine Artikel Appetit bekommen hat, kann dort noch viel mehr über die Eigenschaften und die historische Entwicklung der Zahlenbereiche erfahren, undzwar ohne erforderliche mathematische Vorkenntnisse.

Vollständige Isomorphie
Doch warum untersucht man denn nicht andere vollständig angeordnete Körper als den Körper der reellen Zahlen? Das liegt daran, dass man das damit bereits macht. Wir weisen nämlich nun nach, dass alle vollständig angeordneten Körper isomorph sind. Dabei lernen wir gleich etwas über angeordnete Körper, besonders wie sich die beiden Eigenschaften Archimedizität und Vollständigkeit verhalten. Dafür klickt HIER. Zum Schluss des Artikels wollen wir noch die folgende echte Inklusionskette herleiten: | | | | | | | | | | | | | \IN \subset \IZ \subset \IQ \subset \IR Mit unseren Definitionen stimmt sie noch nicht ganz. Und dafür definieren wir einfach \IN ,\IZ ,\IQ neu: \IQ sei von nun an \IQ_\IR, \IZ sei von nun an \IZ_\IQ und \IN sei von nun an \IN_\IZ. Damit folgt sofort | | | | | | | | | | | | | \IN \subsetequal \IZ \subsetequal \IQ \subsetequal \IR und die neuen Strukturen sind zu den alten isomorph, wir haben also an der Struktur nichts geändert, und nur die interessiert uns. Weil es in \IZ im Gegensatz zu \IN negative Zahlen gibt, \IZ kein Körper ist und die Gleichung x^2=2 zwar in \IR, aber nicht in \IQ lösbar ist, gilt sogar | | | | | | | | | | | | | \IN \subset \IZ \subset \IQ \subset \IR Damit kann man sagen, dass die Konstruktion komplett ist: Wie eben gesehen, erfüllen die Zahlenmengen die gewohnten Inklusionsbeziehungen; außerdem erfüllt jede ihre Axiome, aus denen alle Rechengesetze folgen. Wie in den vorigen Teilen angesprochen, gilt auch hier: Es ist uninteressant wie, sondern dass die Zahlenmengen mit ihren charakteristischen Eigenschaften zu Stande gekommen sind. Naja, vielleicht sollten wir nicht vergessen, dass natürliche Zahlen als spezielle Ordinalzahlen, also Mengen, ganze Zahlen als bestimmte Äquivalenzklassen von natürlichen Zahlen, rationale Zahlen als bestimmte Äquivalenzklassen von ganzen Zahlen und reelle Zahlen als bestimmte Mengen von rationalen Zahlen eingeführt worden, sodass jede Zahl eine Menge ist! Zum Beispiel ließe sich die eulersche Zahl als Zeichenfolge, einzig und allein bestehend aus Mengenklammern, leeren Mengen und Element-Symbolen darstellen. Das wird sicher pervers aussehen und entspricht ja auch nicht dem Ziel, das wir verfolgt haben; lassen wir das lieber . Wer jetzt noch algebraische oder komplexe Zahlen, Quaternionen oder Oktaven vermisst, kann hier, hier, hier oder hier nachlesen. Das wird dann so aussehen: | | | | | | \IN \subset \IZ \subset \IQ \subset \IA \subset \IR \subset \IC \subset \IH \subset \IO Diese Artikelserie wäre ohne die Mitglieder des Matheplaneten nicht möglich gewesen! Der in der Einleitung präsentierte Zweck der gesamten Reduktion auf ZF stammt von Martin. Fabi lieferte diesen genialen Gedanken, bei dedekindschen Schnitten schrittweise nach vorne zu gehen, um einen Beweis für das additive neutrale Element zu erhalten. Zaos fand heraus, dass die Definition der Multiplikation für negative Elemente anders definiert werden muss. Buri half entscheidend bei den Ordinalzahlen sowie beim Nachweis weiter, dass die angegebene Abbildung zwischen vollständig angeordneten Körpern wirklich ein Isomorphismus ist. Buri und Zaos lieferten außerdem die Beweisideen zum multiplikativen inversen Element bei dedekindschen Schnitten. Vielen Dank dafür!
-oo-
Martin
21.07.-21.08 2004
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Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5 [von Martin_Infinite]  
Konstruktion der reellen Zahlen durch Dedekind-Schnitte aus den rationalen Zahlen
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201203-03 (6x)http://google.de/url?sa=t&rct=j&q=schnitt teilmengen nicht leer beschränkt...
201303-03 (5x)http://google.de/url?sa=t&rct=j&q=subsetequal
201207-07 (5x)http://google.com/search?q=vollständigkeit cauchy bolzano dedekind monoton...


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"Mathematik: Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5" | 4 Comments
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Re: Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5
von: Wauzi am: So. 05. September 2004 00:52:53
\(\begingroup\)Die Artikelserie endet mit "Vielen Dank dafür!" Und dies möchte ich (im üblichen mathematischen Sprachgebrauch) verallgemeinern. Vielen Dank dafür. Allen Verfassern, Mitverfassern und Helfern, aber speziell Martin, der diese schöne Zusammenfassung erstellt hat. Teile davon sind uns allen geläufig, aber wer denkt ernsthaft noch an diese Basisüberlegungen? Es kann nichts schaden, sich diese grundlegenden Gedanken wieder zu Gemüte zu führen, sie nachzuvollziehen und sich mal ehrlich zu fragen, ob man das wirklich noch selber zuwege brächte. Ich habe all diese Artikel gern gelesen, habe etwas gelernt, obwohl ich alles gewußt habe (stimmt dies wirklich?), mich an manches erinnert und bin mir großer Lücken bewußt geworden. Solche Beiträge sind ein echter Gewinn, sowohl für Anfänger, denen das Wissen noch fehlt, wie auch für Leute wie mich, die längst nicht mehr wissen, wohin ihr Wissen versackt ist. Mit wissendem Gruß Wauzi \(\endgroup\)
 

Re: Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5
von: Germanicus am: So. 05. September 2004 11:05:45
\(\begingroup\) Hallo Martin, vielen Dank für diese schönen Artikel. Schade eigentlich, dass du nicht mit den komplexen Zahlen weitermachst. Nur mit ZF beginnend...es hat wirklich Spaß gemacht! Eine Kleinigkeit: Bei dem letzten Artikel, an der Stelle, wo du die Körperaxiome für IR durchgehst, blätterte ich kurz vor und wollte beinahe aufhören zu lesen. Das sah so länglich und technisch aus. Wenn dieser Teil etwas strukturierter gewesen wäre (z.B. Körperaxiom als unterstrichene Sub-Überschrift), hätte ich gar kein Problem gehabt. Nochmals Danke für diese Artikelserie! Germanicus \(\endgroup\)
 

Re: Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5
von: Martin_Infinite am: So. 05. September 2004 13:47:13
\(\begingroup\)Hi, @Germanicus: Ich hatte schon einen Link angegeben, bei dem ich die komplexen Zahlen eingeführt habe. Und ich habe mal versucht, den technischen Abschnitt zu den Körperaxiomen mit farbigen Stationen zu gliedern. @Wauzi: Ja, ich dachte auch, Mengenlehre könnte mal nicht schaden 😉 Haben wir wirklich schon alles vorher gewusst? Vielleicht das Endergebnis ... Gruß Martin \(\endgroup\)
 

Re: Konstruktion der Zahlenmengen - Teil 5
von: MathSG1982 am: So. 28. November 2004 13:45:26
\(\begingroup\)Hallo Martin, ein wirklich guter und interessanter Artikel. Schön geschrieben und verständlich. Gruß MathSG\(\endgroup\)
 

 
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