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Anwendungen

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Zerfällungskörper

Sei $K$ ein Körper und $f \in K[X]$ normiert vom Grad $n$. Die Zerfällungsalgebra $Z_K(f) = K[S_1,\dotsc,S_n]/\bigl(f = (X-S_1) \cdots (X-S_n)\bigr)$ wird (a) als $K$-Algebra von den Nullstellen erzeugt und (b) $f$ zerfällt über ihr vollständig. Das ist also fast alles, was man von einem Zerfällungskörper von $f$ erwarten würde. Der einzige Unterschied ist, dass $Z_K(f)$ im Allgemeinen kein Körper sein muss. Betrachte etwa $f = X(X-1)$, hier ist $Z_K(f) = N_K(f) = K[X]/(X^2=X) \cong K \times K$ kein Körper. Nun gibt es ein allgemeines Verfahren, wie man aus einem kommutativen Ring einen Körper machen kann: man teilt ein maximales Ideal heraus. Ein maximales Ideal existiert immer dann, wenn der Ring $\neq 0$ ist. Und Zerfällungsalgebren haben diese Eigenschaft, das hatten wir gesehen. Durch diese Quotientenbildung bleiben zudem die beiden Eigenschaften (a),(b) offensichtlich erhalten. Wir haben damit bewiesen, dass $f$ einen Zerfällungskörper besitzt, nämlich $Z_K(f) / \mathfrak{m}$ für irgendein maximales Ideal $\mathfrak{m}$. Aber auch umgekehrt: Wenn $E/K$ ein Zerfällungskörper von $f$ ist, etwa $E = K(\alpha_1,\dotsc,\alpha_n)$ mit den Nullstellen $\alpha_1,\dotsc,\alpha_n$ von $f$, so erhalten wir aufgrund der universellen Eigenschaft der Zerfällungsalgebra einen surjektiven Homomorphismus von $K$-Algebren $Z_K(f) \to E$, und der Homomorphiesatz sagt uns nun $E \cong Z_K(f)/\mathfrak{m}$ für ein Ideal $\mathfrak{m}$. Dieses Ideal ist maximal, weil $E$ ein Körper ist. Die Zerfällungskörper von $f$ sind also genau die Quotienten der Zerfällungsalgebra $Z_K(f)$ nach ihren maximalen Idealen. Weil die Zerfällungsalgebra ein $K$-Vektorraum der Dimension $n!$ ist, haben die Zerfällungskörper Grad $\leq n!$. Nun ist es aber so, dass es keine kanonische (oder gar eindeutige) Wahl des maximalen Ideals gibt. Das ist aber tatsächlich ein Feature von Zerfällungskörpern. Auch in der üblichen Konstruktion von Zerfällungskörpern gibt es unkanonische Wahlen. Die geht ja so: Wenn $f$ irreduzibel ist, ist $N_K(f)=K[S]/(f(S)=0)$ ein Körper, und wir bilden rekursiv einen Zerfällungskörper von $f / (X - [S])$ über $N_K(f)$. Wenn $f$ reduzibel ist, gibt es einen irreduziblen Faktor $p \mid f$ kleineren Grades. Dann bilden wir zunächst einen Zerfällungskörper von $p$ und anschließend darüber einen Zerfällungskörper vom Quotienten $f/p$. Beachte, dass man hier also eine Fallunterscheidung machen musste, ob $f$ irreduzibel ist oder nicht, was a priori nicht einmal entscheidbar ist, und die Wahl des irreduziblen Faktors $p$ im zweiten Fall ist überhaupt nicht kanonisch. Das ist also vollkommen analog zur unkanonischen Wahl des maximalen Ideals oben. Trotz der unkanonischen Wahl des maximalen Ideals sind je zwei Zerfällungskörper von $f$ zueinander isomorph (aber auch nicht auf eindeutige Weise; der Grad der Uneindeutigkeit wird eben durch die Galoisgruppe von $f$ gemessen). Einen eleganten Beweis dafür hat Keith Conrad hier aufgeschrieben. Bezeichnen wir einmal irgendeinen Zerfällungskörper mit $L_K(f)$. Daraus ergibt sich eine bemerkenswerte Eigenschaft von $Z_K(f)$: egal, welches maximale Ideal man herausteilt, der Quotient ist bis auf Isomorphie $L_K(f)$. Nun hat bekanntlich jede (als $K$-Vektorraum) endlich-dimensionale kommutative $K$-Algebra $B$ nur endlich viele Primideale $\mathfrak{p}_1,\dotsc,\mathfrak{p}_s$, und diese sind allesamt maximal. Außerdem impliziert der chinesische Restsatz $ B/ \sqrt{0} \cong B/\mathfrak{p}_1 \times \cdots \times B/\mathfrak{p}_s,$ wobei $\sqrt{0} = \mathfrak{p}_1 \cap \cdots \cap \mathfrak{p}_s$ das Nilradikal von $B$ ist. Wenden wir das auf die Zerfällungsalgebra $Z_K(f)$ an, so gibt es also ein $s \in \IN$ mit $Z_K(f) / \sqrt{0} \, \cong \, L_K(f)^s.$ Die Zerfällungsalgebra "ohne die nilpotenten Elemente" ist also einfach ein Produkt von Kopien "des" Zerfällungskörpers. Die Algebra selbst lässt sich nicht immer in ein Produkt von Körpern zerlegen, weil diese sie nicht immer reduziert ist (betrachte $f = X^2$). Beachte, dass der Zerfällungskörper im Gegensatz zur Zerfällungsalgebra gar keine kanonische Wirkung von $\Sigma_n$ hat, weil nicht jede Permutation der Nullstellen sich zu einem Automorphismus fortsetzen lässt. Das sind nur die Permutationen, die in der Galoisgruppe von $f$ enthalten sind.

Ganze Elemente

Sei $A$ eine kommutative $R$-Algebra. Ein Element von $A$ heißt bekanntlich ganz über $R$, wenn es Nullstelle eines normierten Polynoms über $R$ ist. Wenn $a,b \in A$ ganz über $R$ sind, dann sind auch $a + b$ und $a \cdot b$ ganz über $R$. (Folglich bilden die ganzen Elemente eine Unteralgebra.) Üblicherweise wird dazu modultheoretisch mit Endlichkeitsargumenten oder mit Resultanten argumentiert. Wir geben hier einen alternativen Beweis, der mit Zerfällungsalgebren arbeitet, was auch den Vorteil hat, dass wir das Polynom mit $a + b$ bzw. $a \cdot b$ als Nullstelle konkret hinschreiben können: Seien $f,g \in R[T]$ normiert mit Nullstelle $a$ bzw. $b$ in $A$. Zunächst einmal entspricht $a$ einem Homomorphismus von $R$-Algebren $N_R(f) \to A$, und wir haben die Inklusion $N_R(f) \hookrightarrow Z_R(f)$, die als $N_R(f)$-Modul-Homomorphismus spaltet (das geht aus der Basis hervor). Daraus folgt, dass der Homomorphismus $A \to Z_R(f) \otimes_{N_R(f)} A =: A'$ injektiv ist. Über $A'$ zerfällt $f$ vollständig. Wir dürfen daher annehmen, dass $f$ vollständig über $A$ zerfällt, wobei eine der Nullstellen $a$ ist. Ganz analog können wir annehmen, dass auch $g$ vollständig über $A$ zerfällt (betrachte dazu $A' \otimes_{N_R(g)} Z_R(g)$). Schreibe $f = (T - a_1) \cdots (T - a_n)$ in $A[T]$ mit $a_1,\dotsc,a_n \in A$ und $a = a_1$. Für $h := \prod_{i=1}^{n} g(T - a_i) \in A[T]$ gilt $h(a+b) = \prod_{i=1}^{n} g(a+b-a_i)=0$ wegen $g(a+b-a_1)=g(b)=0$. Etwas konkreter kann man auch $h = \prod_{i=1}^{n} \prod_{j=1}^{m} (T - (a_i + b_i))$ schreiben, wenn $g = (T - b_1) \cdots (T - b_m)$. Wir müssen $h \in R[T]$ zeigen. Die Koeffizienten von $h$ sind offenbar polynomielle Ausdrücke in $R[a_1,\dotsc,a_n,b_1,\dotsc,b_m]$. Sie sind zudem symmetrisch in den $a_1,\dotsc,a_n$ (und analog $b_1,\dotsc,b_m$), weil $h$ unter allen Permutationen der $a_1,\dotsc,a_n$ invariant ist (und analog der $b_1,\dotsc,b_m$). Nach dem Hauptsatz über symmetrische Polynome lassen sich die Koeffizienten von $h$ daher als Polynome in den elementarsymmetrischen Polynomen schreiben, welches aber gerade die Koeffizienten von $f$ bzw. $g$ sind, die nach Annahme in $R$ liegen. Das zeigt $h \in R[T]$. Wir illustrieren das mit einem Beispiel. Es sei $\deg(f)=\deg(g)=2$. Hier hat man also Nullstellen $a_1,a_2,b_1,b_2$ mit $a_1 + a_2, a_1 a_2, b_1 + b_2 , b_1 b_2 \in R$ und muss zeigen, dass das Polynom $h = (T-(a_1+b_1))(T-(a_1+b_2))(T-(a_2+b_1))(T-(a_2+b_2))$ Koeffizienten in $R$ hat. Die Koeffizienten muss man dazu als Polynome in $a_1 + a_2, a_1 a_2, b_1 + b_2, b_1 b_2$ ausdrücken. Dass das geht, liegt am Hauptsatz über symmetrische Polynome, aber man kann es auch direkt nachrechnen. Der $T^0$-Koeffizient ist zum Beispiel $(a_1 + b_1)(a_1 + b_2)(a_2 + b_1)(a_2 + b_2)$ und nach Ausmultiplizieren und geschickten Zusammenfassen ergibt sich ${\small (a_1 a_2)^2 + (b_1 b_2)^2 + (a_1 a_2 + b_1 b_2) (a_1+a_2) (b_1+b_2) + (a_1+a_2)^2 (b_1 b_2) + (a_1 a_2)(b_1+b_2)^2 - 2 (a_1 a_2) (b_1 b_2) \in R.}$ Für den Nachweis, dass auch $a \cdot b$ ganz ist, geht man ähnlich vor: Schreibe $f = (T - a_1) \cdots (T - a_n)$ und $g = (T - b_1) \cdots (T - b_m)$ in $A[T]$. Setze $h := \prod_{i=1}^{n} \prod_{j=1}^{m} (T - (a_i \cdot b_j))$ Dann gilt $h(ab)=0$ und mit dem Hauptsatz über symmetrische Polynome zeigt man $h \in R[T]$.

Absolut ganz abgeschlossene Ringe

Ähnlich wie bei Zerfällungskörpern hat jeder Körper gleich mehrere algebraische Abschlüsse, die zwar zueinander isomorph sind, aber nicht auf kanonische Weise. Dennoch sind sie allesamt Quotienten eines kanonischen "ringtheoretischen algebraischen Abschlusses", den wir jetzt kurz besprechen werden. Sei $R$ ein kommutativer Ring. Wir nennen $R$ absolut ganz abgeschlossen (engl. absolutely integrally closed), wenn jedes normierte Polynom über $R$ in Linearfaktoren über $R$ zerfällt. Offenbar ist das damit äquivalent, dass jedes normierte Polynom über $R$ eine Nullstelle in $R$ besitzt (mache dann eine Induktion nach dem Grad für eine vollständige Zerlegung). Im Falle von Körpern ist das der übliche Begriff der algebraischen Abgeschlossenheit. Andere Verallgemeinerungen dieses Begriffs auf kommutative Ringe werden in dem Artikel R. Raphael, On algebraic closures, Publ. Mate. 36(2b) zusammengefasst. Weitere Fakten über absolut ganz abgeschlossene Ringe gibt es bei Stacks/0DCK. Ich behaupte, dass es es für jeden kommutativen Ring $R$ eine ganze Ringerweiterung $R \hookrightarrow T^{\infty}(R)$ gibt, für die $T^{\infty}(R)$ absolut ganz abgeschlossen ist. Sei dazu zunächst $T(R)$ das (unendliche) Tensorprodukt der Zerfällungsalgebren $Z_R(f)$ über $R$, wobei $f \in R[T]$ alle normierten Polynome durchläuft. Dann ist $R \hookrightarrow T(R)$ ganz, und jedes normierte Polynom über $R$ zerfällt über $T(R)$. Es sei $T^{\infty}(R)$ der Kolimes der Folge $R \hookrightarrow T(R) \hookrightarrow T^2(R) \hookrightarrow \cdots$ in der Kategorie der kommutativen Ringe. Dann hat $R \hookrightarrow T^{\infty}(R)$ die gewünschten Eigenschaften: Jedes Element von $T^{\infty}(R)$ liegt in einem $T^n(R)$, ist also ganz über $R$ (weil Ganzheit transitiv ist). Jedes normierte Polynom über $T^{\infty}(R)$ hat Koeffizienten in einem $T^n(R)$, zerfällt also über $T^{n+1}(R)$ und damit erst recht über $T^{\infty}(R)$. Im Falle eines Körpers $K$ ist $T^{\infty}(K)$ kein Körper, aber wir können ein maximales Ideal herausteilen (welches nicht kanonisch ist!) und erhalten damit einen algebraischen Abschluss von $K$ im Sinne der Körpertheorie. Wir haben damit diese bekannte Konstruktion des algebraischen Abschlusses noch ein bisschen besser verstanden. Wenn $R \hookrightarrow S$ eine weitere ganze Erweiterung ist, für die $S$ absolut ganz abgeschlossen ist, dann gibt es mit der obigen Konstruktion immer einen surjektiven Homomorphismus $T^{\infty}(R) \to S$, der aber nicht injektiv sein muss. Tatsächlich ist für jedes Ideal $I \subseteq T^{\infty}(R)$ mit $I \cap R = 0$ auch $R \hookrightarrow T^{\infty}(R) / I$ eine ganze Erweiterung und $T^{\infty}(R) / I$ absolut ganz abgeschlossen. Es gibt also zumindest mit der obigen Definition keine Eindeutigkeit. Wie und ob man die Definition abändern kann, damit eine Eindeutigkeit besteht, wurde kürzlich auf MO/434038 diskutiert, woraus das Paper Absolute integral closures of commutative rings von Matthé van der Lee entstanden ist.
 
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