
Meine Lieblingspatiencen Teil I
Von: Bernhard
Datum: Mo. 15. Januar 2007 16:56:02 Thema: Spiele+Rätsel
| Meine Lieblingspatiencen Teil I: Die Dame Ich lege gerne Patiencen, und zwar nicht auf dem Computer, sondern nach wie vor mit echten Karten. Einerseits, weil sich bei Patiencen das ausgelegte Kartenblatt nicht leicht auf dem Bildschirm überschauen läßt, andererseits ist man dabei auch nur seinem eigenen Gewissen gegenüber verantwortlich, und kann, falls das Spiel nicht aufgegangen ist, nicht einmal auf den schimpfen, der die Karten gemischt hat. Da macht auch Schummeln keinen Spaß mehr. Doch genug der Philosophie. Ich hatte nämlich neulich hier gefragt, ob welche anderen Patiencen noch bekannt sind, da ich einmal etwas Abwechslung und – vor allem – eine schwerere Regel haben wollte. Im Gegenzug möchte ich Euch hier in einer kleinen Folge die schönsten beschreiben, die ich kenne. Heute fangen wir an mit der „Dame“. Für Leute von Euch, die sich noch nicht so besonders damit beschäftigt haben und auch, da es regional bedingt unterschiedliche Bezeichnungen gibt, seien hier gerade die wichtigsten Begriffe, die wir dazu brauchen erläutert: Farbe: Kreuz, Pik, Herz, Karo sind die vier Farben des Kartenspiels, hat also nichts mit den roten oder schwarzen Symbolen zu tun. Farbzwang: Häufig dürfen nur Karten derselben Farbe aneinandergelegt werden, das heißt es gilt Farbzwang. Familie: Alle Karten, die zu ein und derselben Farbe gehören. Leiter (auch Fahne genannt): Eine Reihe von Karten, die nach der jeweils vorgeschriebenen Regel abwärts oder aufwärts geordnet aneinanderliegen. Talon: Bei den meisten Patiencen bleibt beim Auslegen ein Reststapel Karten übrig, er wird Karte für Karte aufgedeckt und abgebaut. Stoß: Können Karten nicht sofort im Kartenbild untergebracht oder abgebaut werden, kommen sie auf den Stoß - jeweils die letzte als oberste sichtbar.
So, und jetzt geht’s los. Für die Dame brauchen wir ein Doppeltes Whistspiel (Auch Französiches Blatt, 108 Karten). So geht das Auslegen: Von einem breiten Mittelgang ausgehend, der für die 8 Könige bestimmt ist, legen wir von innen nach außen links und rechts je vier waagrechte Reihen zu jeweils fünf Karten, die wir vom Stamm abziehen, nebeneinander offen aus. Sobald Könige beim Auslegen oder während dem Spiel erscheinen oder frei werden, werden sie als Grundkarten, je zwei der gleichen Farbe nebeneinander an die freigelassenen Plätze gelegt, so daß im Mittelgang viermal zwei Könige untereinander liegen. Je früher diese erscheinen, desto günstiger ist die Konstellation. Das ist das Ziel: Auf den Königen sollen in steigender Folge die reinen Familien bis zum Buben aufgebaut werden, so daß, wenn die Patience aufgegangen ist, alle acht Päckchen den Buben obenauf zeigen, während die Damen auf den innersten Plätzen der waagrechten Reihen liegen, die Päckchen also einrahmen. Haben wir alle acht Damen auf den innersten Plätzen liegen und nur noch geordnete Reihen, d.h. anschließend an die Dame, Bube, Zehner usw. und keine Karten mehr in der Hand oder auf dem Stoß, ist die Patience aufgegangen. Doch nun zum Spielverlauf: Haben wir das Kartenbild fertig ausgelegt, so suchen wir nach etwaigen Aufbaukarten, also zuerst Assen, Zweien usw., die auf die Könige gelegt werden können. Frei sind dabei die jeweils äußersten Karten jeder waagrechten Reihe. Wichtig dabei: Karten am Mittelgang gelten als innerste Karten! Haben wir im Kartenbild keine freien Aufbaukarten mehr zur Verfügung, beginnen wir mit dem Abziehen des Talons. Erscheinende Könige kommen sofort in den Mittelgang auf ihre Plätze. Die übrigen Karten kommen entweder auf den Stoß, den wir vor uns aufbauen, sodaß die jeweils letzte Karte zuoberst sichtbar ist, oder werden, falls es günstiger ist, an die waagrechten Reihen außen angelegt. Dieses Anlegen geschieht in fallender Folge ohne Farbzwang. Auch ein Verlegen von Einzelkarten von einer waagerechten Reihe zu einer anderen ist von Anfang an möglich - auch hier fallend ohne Farbzwang. Aufbaukarten können natürlich auch sofort verwendet werden. Wichtig ist es, waagrechte Reihen nach innen aufzulösen. Dabei achten wir darauf, daß die Karten einer jeden waagrechten Reihe nur dann weggenommen werden dürfen, wenn sie frei liegen und wir sie entweder zum Aufbau verwenden oder an die äußerste Karte einer anderen Reihe anlegen können - es kommt also niemals eine unbequeme Karte aus dem Kartenbild auf den Stoß! Die innerste Karte dürfen wir allerdings nur dann wegnehmen, wenn wir eine Dame zur Hand haben, um sie sofort auf diesen freien Platz zu legen. Es darf also niemals eine waagrechte Reihe leer bleiben! Eine Dame haben wir dann zur Verfügung, wenn sie entweder am äußersten Platz einer waagrechten Reihe liegt, wenn wir sie soeben vom Talon abgezogen haben und noch in der Hand halten, oder wenn sie die oberste Karte des Stoßes bildet. Es ist günstig, Reihen freizuspielen für Damen, die auf relativ niedrigen Karten liegen und somit das Aufbauen blockieren. Allerdings nützen uns die innersten Karten beim Aufbauen auch nichts, wenn die Damen vorher schon im Stoß verschwunden sind! Auch das Anlegen von anderen Karten an die waagrechten Reihen sollten wir uns gut überlegen. Befinden sich nämlich niedere Kartenwerte an der Innenseite einer Reihe, so werden wir nach Möglichkeit vermeiden, an diese Reihe viele Karten anzulegen, damit wir uns nicht Chancen verbauen. Das Zurückbauen: Wenn der Talon durchgearbeitet ist und die Karten noch nicht vollständig abgebaut sind – und das ist meistens der Fall, beginnt der eigentlich reizvollste Teil bei dieser Patience. Jetzt dürfen wir nämlich von den im Mittelgang teilweise aufgebauten Familien wieder einzelne Karten zurück ins Kartenbild nehmen und wiederum absteigend und ohne Farbzwang an die Reihen außen anlegen. Ein Beispiel: Wir wollen die oberste Karte des Stoßes, eine Fünf, unterbringen, können sie aber weder in ihrer Familie aufbauen, noch findet sich eine Sechs, um sie anzulegen. Es wäre günstig, sie in einer geordneten Reihe (bei der die Dame bereits innen liegt) unterzubringen, da sie dort nichts mehr blockiert. Wir haben eine solche Reihe, die hört aber mit einer Neun auf. Wenn jetzt im Mittelgang eine Familie bereits bis zur Acht aufgebaut ist, können wir nacheinander davon Acht, Sieben, Sechs an die Neun legen und anschließend unsere Fünf. Es ist deshalb von Vorteil, wenn wir vor dem Zurückbauen bereits mindestens zwei Familien relativ hoch treiben, damit wir nachher überhaupt Karten haben, die wir zurücknehmen können. Aber auch das ist natürlich auch noch keine „Garantie“. Jetzt wünsche ich Euch allen viel Spaß beim Ausprobieren! Aber denkt daran: Nicht verzagen, wenn es beim ersten Mal nicht gleich klappen sollte – Patience heißt schließlich Geduld! Wer aber meint, daß die Dame ihm nicht liegt, wer sie schon kennt oder ganz einfach „Lust auf mehr“ hat, der kann es das nächste Mal mit der „Großen Napoleon“ versuchen. Bis dahin, Euer Bernhard Zusätzliche Hinweise zur Regel und zur Quelle: Wie es bei den komplizierteren Patiencen häufig der Fall ist, gibt es auch bei der Dame verschiedene Varianten zu den Regeln. Diese sind zwar für das laufende Spiel verbindlich, oft ändern sie die Spieler später selber etwas ab – meist zur Erschwerung. Auch ich habe, als ich diesen Artikel schrieb und dafür zum ersten Mal seit Jahren das unten erwähnte Buch wieder in die Hand nahm, gesehen, daß ich die Dame etwas anders lege, als dort beschrieben. Was ich Euch vorgestellt habe, deckt sich also nicht ganz mit der Quelle. Es handelt sich dabei um „Das große Buch der Patiencen“ von Edeltraud Mertel, erschienen 1987 bei der Verlagsgesellschaft Manfred Pawlak, Herrsching
|
|