Poincarés Vermutung - Die Geschichte eines mathematischen Abenteuers

O'Shea, Donald

BuchcoverWas erwartet man von einem Buch mit dem Titel "Poincarés Vermutung"? Ich hätte eine Erklärung des Inhalts der Vermutung, etwas zum Beweis und der Geschichte der Vermutung erwartet. Hätte, denn so richtig habe ich das im Buch nicht finden können, zumindest nicht in dem Umfang wie man es auf über 250 Seiten beschreiben könnte. Der zentrale Begriff der Homöomorphie wird komplett falsch erklärt, wobei ich nicht sagen kann, ob dies dem Autor oder dem Übersetzer zuzuschreiben ist. Letzterer zeigt leider mehrfach, dass er von Mathematik keine Ahnung hat, indem er Fachbegriffe wörtlich übersetzt und nicht die eingeführten Begriffe im Deutschen verwendet. Erst nach 200 Seiten kommt der Autor auf die eigentliche Vermutung zu sprechen. Da ist das Buch eigentlich schon fast zu Ende gelesen. Habe ich es also bereut das Buch zu lesen? Das auf gar keinen Fall. Das Buch gibt einen schönen und lesenswerten Abriss über die Geschichte der Geometrie. Sehr ausführlich wird das Leben und wirken von Poincaré beschrieben. Diese Geschichte ist kurzweilig geschrieben und macht all das wett, was man in Hinblick auf den Buchtitel vermisst. Zu Perelman findet man im Buch wenig und vermutlich ist es auch schwer Laien überhaupt die Beweisideen und den Riccifluss näher zu bringen. Beides lässt O'Shea deshalb im wesentlichen unter den Tisch fallen. Mein Fazit: Wer etwas über die Poincaré-Vermutung lesen möchte, sucht sich besser ein anderes Buch. Wer aber eine gut geschriebene Abhandlung über die Geschichte der Geometrie sucht, ist mit diesem Buch sehr gut bedient. Deshalb gebe ich trotz der angedeuteten Themaverfehlung dem Buch immer noch Punkte.

Hinzugefügt am: 2011-02-19
Kritiker: huepfer
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Durchschnittsbewertung: 4 Bewertungen

Suchbegriffe : Algebraische Topologie :: Geometrie :: Geschichte :: Geschichte der Mathematik :: Mathematik :: Poincaré :: Poincaré Vermutung :

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Weitere Kommentare:
Poincarés Vermutung - Die Geschichte eines mathematischen Abenteuers
Bewertung von scorp am 22.03.2011

scorp schreibt:

Ich kann huepfer in seinen Kritikpunkten nur zustimmen. Ich hatte vor einiger Zeit kurz in dem Buch geblättert, es aber sehr bald wieder weggelegt. Schuld daran war unter anderem, daß das zentrale Thema des Buches, die Poincare-Vermutung, mathematisch falsch wiedergegeben wird. Ich hatte die betreffende Seite damals abfotografiert und zitiere:

Einen Knaller enthielt er allerdings, und den bewahrte Poincare sich bis ganz zum Schluss aus. Die Abhandlung endete mit der bedeutamen Behauptung, dass "jedes Polyeder, dessen sämtliche Betti-Zahlen gleich eins sind und der torsionsfrei ist, einfach zusammenhängend ist". In heutiger Sprache würde diese Aussage lauten: "Eine dreidimensionale Mannigfaltigkeit, die dieselben Homologiegruppen hat wie die dreidimensionale Sphäre ist homöomorph zu ihr".

Beide Versionen von Poincares Aussage sind fachsprachlich präzise, [...]


Vor allem der letzte Halbsatz veranlasste mich, das Buch enttäscht aus der Hand zu legen, denn keine der beiden Versionen ist fachsprachliche präzise, nämlich streng genommen einfach nur falsch.

Grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, wenn mathematisch komplizierte Sachverhalte einem großen Publikum näher gebracht werden sollen. Ich finde es auch in Ordnung, wenn dabei stark vereinfacht wird, solange dies erwähnt/begründet wird. Dem unerfahrenen Leser aber mathematische Präzision vorzugaukeln, wo keine ist, finde ich absolut indiskutabel.

EDIT: Wie hüpfer schon andeutete, ist es wohl tatsächlich so, daß (nur) die Übersetzung haarsträubend ist, vgl. z.B. die Kritiken auf amazon. Das englische Original jedoch scheint sehr lesenswert zu sein. Dem Autor D. O'Shea kann demnach also kein Vorwurf gemacht werden. Da es sich hier um eine Rezension der Übersetzung handelt, werde ich meine Wertung allerdings bei 1/10 belassen.


(Dieser Kommentar wurde zu dieser Besprechung geschrieben)

Poincarés Vermutung - Die Geschichte eines mathematischen Abenteuers
Bewertung von Jingels am 28.12.2011

Jingels schreibt:

Die Geschichte ist durchaus interessant - allerdings ist dieses Buch sehr langweilig geschrieben (ich hab's irgendwann mal aufgegeben und nach ca. 80 Seiten weggelegt). Von mir gibt's nur einen Punkt, weil man 0 Punkte nicht geben kann !


(Dieser Kommentar wurde zu dieser Besprechung geschrieben)

Poincarés Vermutung - Die Geschichte eines mathematischen Abenteuers
Bewertung von Kezer am 08.01.2022

Kezer schreibt:

Ich habe die englische Version des Buches gelesen und war leider auch enttäuscht über dieses Buch.

Dass der Begriff des Homöomorphismus falsch erklärt wurde, konnte ich in dieser Version nicht erkennen, aber immerhin ist O'Shea auch ein algebraischer Geometer, von ihm ist zu erwarten, dass er den Begriff des Homöomorphismus versteht. Also ist das womöglich in der Übersetzung verloren gegangen.

Allerdings meine ich, dass die Kompaktheit von Mannigfaltigkeiten falsch beschrieben wurde. So sagt O'Shea, eine 2-dimensionale Mannigfaltigkeit sei kompakt, wenn sie einen endlichen Atlas besitzt. Aber naja, $\mathbb{R}^2$ ist sicherlich nicht kompakt...

Die mathematischen Teile fand ich ziemlich anstrengend zu lesen, insbesondere die Teile über Krümmung, welche ich teilweise nur überflogen habe. Oft schreibt er zu viel Fließtext, wo ein Bild zum Verständnis geholfen hätte. Die Umschreibung des Materials, um es für den Laien verständlich zu machen, hat es oft eher umständlicher gemacht. Damit mein ich nicht, dass das allgemein nicht funktioniert - nein, viele andere populärwissenschaftliche Bücher schaffen es auch. Viel eher meine ich, dass es O'Shea leider nicht gelingt. Insbesondere glaube ich kaum, dass ein Laie die beschriebenen Tatsachen wirklich verstehen kann.

Dieses Buch fördert eher die Angst vor der Mathematik, als es für das allgemeine Publikum zugänglich zu machen. Schade.

Ich bin auch nicht so überzeugt von der Motivation der Topologie mit der Gestalt des Universums, fand es aber interessant, dass Kolumbus vermutet hat, die Erde könne birnenförmig sein.
Von diesem Buch habe ich mir wirklich erhofft mehr über Perelman zu erfahren. Doch auch hier wurde ich enttäuscht. Erst in den letzten 20 Seiten tauchte Perelman auf, doch das Ende wirkt ziemlich gehetzt geschrieben. Die Person von Perelman wurde kaum beschrieben: Von seiner Kindheit wurden nur seine mehrfachen Goldmedaillen von der IMO erwähnt. Es wurde kaum etwas dazu geschrieben, dass und wieso er die Fieldsmedaille und das Preisgeld vom Clay Institute abgelehnt hat und ich meine auch, dass nicht mal erzählt wurde, dass Perelmann die Mathematik verlassen hat.

Wirklich schade, zur Poincaré Vermutung könnte man so viel schreiben, aber O'Sheas Auswahl trifft es nicht.


(Dieser Kommentar wurde zu dieser Besprechung geschrieben)

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