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Autor |
Zusammenhang von Norm, Spektralradius und Fixpunktsatz von Banach |
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
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Hallo zusammen,
ich habe eine ganz grundlegende Frage zum Zusammenhang von Spektralradius, Norm und den Fixpunktsatz in Banachräumen.
Sei $A \in \mathbb{R}^{n\times n}$ und $\rho(A)$ der Spekralradius von $A$. Es ist altbekannt, dass die Folge
$$ x(k+1) = A\,x(k) $$
genau dann (und nur dann) gegen $x_{\infty}=0$ geht, wenn $\rho(A)<1$.
Meine Frage ist nun: Impliziert $\rho(A)<1$, dass es eine Norm gibt, für die auch $\Vert A \Vert < 1$? Impliziert also $\rho(A)<1$, dass $x=0$ einen Fixpunkt der durch die Matrix $A$ definierte lineare Abbildung (bzgl. einer unbekannten Norm) ist?
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 1758
 |     Beitrag No.1, eingetragen 2020-12-03
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Der Weissingersche Fixpunktsatz ist eine naheliegende Verallgemeinerung des Banachschen und zeigt, dass man $\|A\|<1$ durch $\sum_k\|A^k\|<\infty$ ersetzen kann. Und diese Bedingung ist für $\rho(A)<1$ erfüllt.
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-03
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Oh, cool, danke für die Erklärung und die Referenz!
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.3, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-04
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Eine Frage habe ich noch: Folgt überhaupt aus $\sum_k\|A^k\|<\infty \Rightarrow \Vert A \Vert < 1?$ Der Pfeil in die andere richtung ist klar.
Siehe z.B. die Matrix
$$ A = \begin{bmatrix} \frac{9}{10} & \frac{2}{10} \\ -\frac{5}{10} & \frac{9}{10}. \end{bmatrix} $$
Es gilt $\rho(A) \approx 0.95$ und die lineare Abbildung, die durch die Matrix definiert ist, hat nach dem Weissingerschen Fixpunktsatz einen Fixpunkt bei Null. Es gilt aber z.B. für $\Vert A \Vert_2, \Vert A \Vert_1, \Vert A \Vert_{\infty}$, dass die größer 1 sind.
Die Eigenschaft $\Vert A \Vert < 1$ wäre mir wichtig, um die Eigenschaft der Submultiplikativität zu nutzen, $\Vert A B\Vert \leq \Vert A \Vert\,\Vert B \Vert < 1$.
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 1758
 |     Beitrag No.4, eingetragen 2020-12-04
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2020-12-04 01:02 - Huhoha in Beitrag No. 3 schreibt:
Eine Frage habe ich noch: Wieso folgt genau aus $\sum_k\|A^k\|<\infty \Rightarrow \Vert A \Vert < 1?$
Es gilt hier "$\Longleftarrow$". Deshalb ist der Weissingersche Fixpunktsatz ja eine Verallgemeinerung des Banachschen und nicht umgekehrt.
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.5, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-04
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Das heißt auch wenn die lineare Abbildung einen Fixpunkt hat kann ich i.A. nicht wissen, ob es eine Norm gibt mir $\Vert A \Vert < 1$, oder?
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zippy
Senior  Dabei seit: 24.10.2018 Mitteilungen: 1758
 |     Beitrag No.6, eingetragen 2020-12-04
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2020-12-04 01:17 - Huhoha in Beitrag No. 5 schreibt:
Das heißt auch wenn die lineare Abbildung einen Fixpunkt hat...
Du solltest zwischen "hat einen Fixpunkt" und "ein Fixpunktsatz ist anwendbar" unterscheiden, denn das sind zwei verschiedene Dinge.
Schon deine Aussage aus dem Startbeitrag hat hier ein Problem:
2020-12-03 14:29 - Huhoha im Themenstart schreibt:
Es ist altbekannt, dass die Folge
$$ x(k+1) = A\,x(k) $$
genau dann (und nur dann) gegen $x_{\infty}=0$ geht, wenn $\rho(A)<1$.
Natürlich hat z.B. $A=\operatorname{diag}(0,2)$ den Fixpunkt $e=(1,0)^T$ und die Folge $x(k+1)=A\,x(k)$ konvergiert für $x(0)=e$ gegen diesen Fixpunkt, aber es ist nicht $\rho(A)<1$. Und zu diesem $A$ macht auch weder der Weissingersche noch der Banachsche Fixpunktsatz eine Aussage.
Es ist etwas anderes, wenn du nach solchen $A$ fragst, für die die Folge $x(k)$ für beliebige Startwerte $x(0)$ gegen $0$ konvergieren soll.
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.7, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-04
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Ja, stimmt, danke für diese Klarstellung.
Ich suche offenbar nach einer Matrix $A$, für die die Folge $x(k)$ für beliebige Startwerte $x(0)$ gegen $0$ konvergiert. Und dies ist ja genau der Fall, wenn $\rho(A)<1$ laut dem Weissingerschen Fixpunktsatz.
Nun will ich aber untersuchen, was mit der Folge passiert, die mit der linearen Abbildung $AB$ definiert ist. Von $A$ weiß ich $\rho(A)<1$, von $B$, dass $\Vert B\Vert = 1$ ist. Deswegen erhoffte ich mir $\Vert A \Vert <1$, um die Submultiplikativität zu nutzen. Da $A$ und $B$ nicht kommutativ sind, kann ich auch nicht die Sätze von Gelfand verwenden um zu zeigen, dass $\rho(AB)<1$. Einen brauchbaren Ausdruck für $(AB)^k$ (um zu zeigen, dass für $k\rightarrow \infty$, $(AB)^k \rightarrow 0$) finde ich auch nicht.
Gäbe es da einen anderen Ansatz, um zu zeigen, dass für $AB$ ein Fixpunktsatz anwendbar ist?
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shipwater
Aktiv  Dabei seit: 27.03.2010 Mitteilungen: 478
Herkunft: Karlsruhe
 |     Beitrag No.8, eingetragen 2020-12-04
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2020-12-03 14:29 - Huhoha im Themenstart schreibt:
Meine Frage ist nun: Impliziert $\rho(A)<1$, dass es eine Norm gibt, für die auch $\Vert A \Vert < 1$?
Ja, das gilt. Siehe Horn and Johnson 1985, Matrix Analysis, Lemma 5.6.10. Ob das hilft ist eine andere Frage.
2020-12-04 07:43 - zippy in Beitrag No. 6 schreibt:
Natürlich hat z.B. $A=\operatorname{diag}(0,2)$ den Fixpunkt $e=(1,0)^T$
\(Ae \neq e\). Sicher war $A=\operatorname{diag}(1,2)$ o.ä. gemeint.
Gruß Shipwater
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.9, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-04
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Danke für die Referenz! Ja, ich glaube das hilft. Wenn ich mich nicht täusche kann ich ja jetzt sicherstellen, dass eine Norm existiert, für die gilt
$$\Vert A B \Vert <1, $$
da $\Vert B \Vert \leq 1$ für jede Norm und somit ist der Fixpunktsatz von Banach anwendbar.
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shipwater
Aktiv  Dabei seit: 27.03.2010 Mitteilungen: 478
Herkunft: Karlsruhe
 |     Beitrag No.10, eingetragen 2020-12-05
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Da du nicht alle Details genannt hast, kann ich das nicht abschließend beurteilen. Zum Beispiel klingt "$\|B\| \leq 1$ für jede Norm" komisch, da du eine Norm immer mit $\alpha>0$ beliebig skalieren kannst. Außerdem musst du noch sicherstellen, dass die Norm aus dem Lemma von Horn and Johnson submultiplikativ ist. Das ist aber tatsächlich der Fall, da es sich um eine induzierte Norm handelt. Man kann den Spektralradius sozusagen als Infimum über alle induzierten Normen ansehen. Möglich ist, dass du die Submultiplikativität bei einer Matrixnorm automatisch als weitere definierende Eigenschaft verlangst.
Gruß Shipwater
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.11, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-07
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Ja, stimmt, ich war mal wieder sehr unpräzise ^.^
Ich meinte mit für "jede Norm" nur jede induzierte Norm. Die Matrix $B$ ist eine doppelt-stochastische Matrix und aus dem Satz von Birkhoff und von Neumann folgt dass jede induzierte Norm für diese Matrizen ja kleiner geich 1 ist. Zusammen mit der Tatsache, dass der Spektralradius das Infimum von von induzierten Normen ist, muss es ja tatsächlich eine induzierte Norm geben, mit der ich die Submultiplikativität nutzen kann und das Produkt der Normen dann kleiner 1 ist.
Grüße und vielen Dank für die wertvollen Kommentare!
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shipwater
Aktiv  Dabei seit: 27.03.2010 Mitteilungen: 478
Herkunft: Karlsruhe
 |     Beitrag No.12, eingetragen 2020-12-07
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Wähle ich im \(\mathbb{R}^2\) die Matrix $B= \begin{pmatrix} 0 & 1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix}$ und die Norm $\|x\|:=2|x_1|+|x_2|$, so gilt für die induzierte Matrixnorm $\|B\|\geq \frac{\left\|B\begin{pmatrix} 0 \\ 1 \end{pmatrix}\right\|}{\left\|\begin{pmatrix} 0 \\ 1 \end{pmatrix}\right\|}= 2$, wenn ich auf die Schnelle nichts übersehen habe. Ich bin also noch nicht überzeugt.
Gruß Shipwater
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.13, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-07
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Ich habe wohl (ohne es zu wissen) mit "jeder induzierten Norm" wohl jede p-Norm gemeint. Eine doppelt-stochastische Matrix kann man ja als convexe Kombination aus Permutationsmatrizen schreiben. Für alle Normen, für die Permutationsmatrizen Norm 1 haben (das sind doch mindestens alle p-Normen, oder?) gilt
$$ \Vert B \Vert \leq 1 .$$
Wenn ich das aber jetzt so sehe, ist meine bisherige Argumentationskette falsch, da: Es muss ja nicht unbedingt eine p-Norm sein, für die $\Vert A \Vert < 1 $ gilt, wenn $\rho(A) < 1$. Oder?
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shipwater
Aktiv  Dabei seit: 27.03.2010 Mitteilungen: 478
Herkunft: Karlsruhe
 |     Beitrag No.14, eingetragen 2020-12-07
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Richtig, dafür musst du dir den Beweis von Lemma 5.6.10 in Horn and Johnson anschauen. Wenn ich mich richtig erinnere hat die dort konstruierte Norm die Form $\|B\|:=\|S B S^{-1}\|_1$ (Spaltensummennorm) mit einem invertierbaren $S$. Man findet aber leicht Beispiele für $S$ und eine Permutationsmatrix $B$ sodass $\|B\| >1$.
Gruß Shipwater
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shipwater
Aktiv  Dabei seit: 27.03.2010 Mitteilungen: 478
Herkunft: Karlsruhe
 |     Beitrag No.15, eingetragen 2020-12-08
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Wähle z.B. $A=\begin{pmatrix} \frac{1}{2} & 1 \\ 0 & \frac{1}{2} \end{pmatrix}$ und $B=\begin{pmatrix} 0 & 1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix}$. Dann gilt $\rho(A)=\frac{1}{2}<1$ und $AB=\begin{pmatrix} 1& \frac{1}{2} \\ \frac{1}{2} & 0 \end{pmatrix}$ sowie $\rho(AB)= \frac{1}{2}(1+\sqrt{2})\geq 1$. Damit ist auch \(\|AB\| \geq 1\) für jede induzierte Norm. Du hast da also gar keine Chance.
Gruß Shipwater
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Huhoha
Aktiv  Dabei seit: 15.06.2020 Mitteilungen: 26
 |     Beitrag No.16, vom Themenstarter, eingetragen 2020-12-09
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Ja, stimmt, ich muss mir wohl andere Möglichkeiten überlegen, Konvergenz zu zeigen. Gerade tappe ich noch im Dunkeln :-D
Danke nochmal für die hilfreichen Kommentare!
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