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Universität/Hochschule J Stetigkeit und Differenzierbarkeit mehrdimensionaler Funktionen
lisa11
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  Themenstart: 2021-05-31

Hey, ich komme bei einer Aufgabe, an der ich momentan sitze, nicht weiter. Wenn mir einer helfen könnte, wäre das super. Sei g : \IR -> \IR eine Funktion und f : \IR^2 -> \IR definiert durch f(x, y) = yg(x). Zeigen Sie, dass f genau dann in (0, 0) differenzierbar ist, wenn g stetig in 0 ist. Mein bisheriger Ansatz: "=>": f ist differenzierbar in (0,0), also existiert der folgende Grenzwert. lim((x,y)->(0,0),(f(x,y)-f(0,0)) / ((x,y)-(0,0)))=lim((x,y)->(0,0),(yg(x)-0*g(0))/(x,y))=lim((x,y)->(0,0),yg(x)/(x,y))=lim((x,y)->(0,0),yg(x)/y(x/y,1))=lim((x,y)->(0,0),g(x)/(x/y, 1)) Wie ich ab hier weiterkomme ist mir nicht ganz klar. Im Grunde muss ich für die Stetigkeit in 0 ja zeigen, dass lim(x->0,g(x))=g(0) gilt. Andernfalls weiß ich ja auch, dass wenn f differenzierbar in (0,0) ist, dass f dann auch stetig in (0,0) ist. Es gilt also: lim((x,y)->(0,0),f(x,y))=f(0,0) lim((x,y)->(0,0),yg(x))=0*g(0) Ich weiß aber nicht, ob mir das irgendwie mehr hilft. Danke im Vorraus Gruß Lisa


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semasch
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  Beitrag No.1, eingetragen 2021-05-31

Moin Lisa, deine Gleichungskette, die die Differenzierbarkeit von $f$ in $(0,0)$ formalisieren soll, macht so nicht wirklich Sinn, da du im Nenner ein Element des $\mathbb{R}^2$ stehen hast; diese Definition der Differenzierbarkeit funktioniert nur im Eindimensionalen. Differenzierbarkeit in $(0,0)$ bedeutet hier vielmehr, dass eine Matrix $df(0,0) \in \mathbb{R}^{1 \times 2}$, ein $r > 0$ sowie eine Funktion $\epsilon: U_r((0,0)) \setminus \{(0,0)\} \to \mathbb{R}$ mit $\epsilon(x,y) \to 0$ für $(x,y) \to 0$ existieren derart, dass \[f(x,y) = f(0,0) + df(0,0) (x,y)^{\text{T}} + \epsilon(x,y) \|(x,y)\|\] gilt. Als erste Überlegung für das weitere könnte man sich jetzt daran erinnern, dass im Falle der Differenzierbarkeit auch die partiellen Ableitungen existieren und die Ableitungsmatrix in der Form \[df(0,0) = \left(\frac{\partial f}{\partial x}(0,0), \frac{\partial f}{\partial y}(0,0)\right)\] aufbauen. Für $f(x,y) = g(x)y$ kann man das ausrechnen, und man bekommt $\frac{\partial f}{\partial x}(0,0) = 0, \frac{\partial f}{\partial y}(0,0) = g(0)$. Falls also $f$ in $(0,0)$ überhaupt differenzierbar ist, so kennen wir die Ableitungsmatrix. Gemeinsam mit $f(0,0) = 0$ legt das die folgende Umformung nahe: \[f(x,y) = g(x)y = g(0)y + (g(x)-g(0))y = (0,g(0)) (x,y)^{\text{T}} + \frac{(g(x)-g(0))y}{\|(x,y)\|} \|(x,y)\|.\] Daraus kann man nun auch die einzig mögliche Form der Funktion $\epsilon$, nämlich $\epsilon(x,y) = \frac{(g(x)-g(0))y}{\|(x,y)\|}$, ablesen. Es bleibt, Folgendes zu zeigen: (i) Ist $f$ in $(0,0)$ differenzierbar, so gilt $\lim_{(x,y) \to (0,0)} \epsilon(x,y) = 0$. Daraus ist $\lim_{x \to 0} g(x) = g(0)$ zu folgern. (ii) Ist $g$ stetig in $0$, so gilt $\lim_{x \to 0} g(x) = g(0)$. Daraus ist $\lim_{(x,y) \to (0,0)} \epsilon(x,y) = 0$ zu folgern. Hast du zu (i) und (ii) Ideen, wie man das anstellen könnte? LG, semasch


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lisa11
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  Beitrag No.2, vom Themenstarter, eingetragen 2021-05-31

hey semasch, danke für deine schnelle Antwort. Könntest du mir vielleicht noch einmal den letzten Schritt der Umformung von f(x,y) erklären? Den verstehe ich momentan noch nicht. Nun zunächst zu i): Es gilt: lim((x,y)->(0,0),\epsilon(x,y))=lim((x,y)->(0,0),( (g(x)-g(0))y)/norm((x,y))=0 Ich hätte die Idee gehabt jetzt, für x->0 g(x)=g(0) zu folgern, da dann g(0)-g(0) entstehen würde und damit das Produkt im Zähler 0 wird. Allerdings geht ja auch y->0 und deshalb funktioniert das glaube ich nicht Zu ii): Es gilt lim(x->0,g(x))=g(0). Es folgt: lim((x,y)->(0,0),\epsilon(x,y))=lim((x,y)->(0,0),( (g(x)-g(0))y)/norm((x,y))=lim((x,y)->(0,0),( (g(0)-g(0))y)/norm((x,y))=lim((x,y)->(0,0),( (0*y)/norm((x,y))=0 Gruß Lisa


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semasch
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  Beitrag No.3, eingetragen 2021-05-31

Klar doch, was genau daran ist dir denn unklar? Deine Zweifel hinsichtlich deiner Idee zu (i) sind berechtigt, diese Folgerung funktioniert so tatsächlich nicht. Aus $\lim_{(x,y) \to (0,0)} \epsilon(x,y) = 0$ folgt jedoch z.B. $\lim_{x \to 0} |\epsilon(x,x)| = 0$. Kannst du daraus etwas über das Grenzverhalten von $g(x)-g(0)$ folgern? Deine Überlegung zu (ii) ist schon fast ganz richtig, es braucht nur noch eine etwas bessere formale Darstellung und noch ein weiteres Argument. Wir haben die Situation \[\epsilon(x,y) = h_1(x,y) h_2(x,y) \quad \text{mit} \quad h_1(x,y) := g(x)-g(0) \quad \text{und} \quad h_2(x,y) := \frac{y}{\|(x,y)\|}.\] In deiner letzten Formel hast du nun Folgendes gemacht: \[\lim_{(x,y) \to (0,0)} \epsilon(x,y) = \lim_{(x,y) \to (0,0)} h_1(x,y) h_2(x,y) = \lim_{(x,y) \to (0,0)} h_1(x,y) \lim_{(x,y) \to (0,0)} h_2(x,y).\] Das funktioniert allerdings nur, wenn beide der Grenzwerte im letzten Produkt existieren. Das ist hier nicht der Fall, da $\lim_{(x,y) \to (0,0)} h_2(x,y)$ nicht existiert, da z.B. $\lim_{y \to 0^+} h_2(0,y) = 1 \neq -1 = \lim_{y \to 0^-} h_2(0,y)$ gilt (wenn wir $\|\cdot\|$ z.B. als euklidische Norm verstehen). Man kann allerdings z.B. untersuchen, ob die Funktion $h_2(x,y)$ beschränkt ist, d.h. ob es ein $M > 0$ gibt mit $|h_2(x,y)| \le M, \forall (x,y) \in \mathbb{R}^2\setminus\{0\}$. Dann hätte man \[|\epsilon(x,y)| = |h_1(x,y)| |h_2(x,y)| \le M |h_1(x,y)| = M |g(x)-g(0)|.\] Kannst du so ein $M$ identifizieren und ggf. damit aus der letzten Formel das Grenzverhalten von $\epsilon(x,y)$ folgern? LG, semasch


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lisa11
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  Beitrag No.4, vom Themenstarter, eingetragen 2021-06-01

Nun mir ist nicht ganz klar, wie du auf\((0,g(0))(x,y)^T\) kommst. Vorher haben wir doch einfach nur eine Funktion von \(\mathbb{R}\rightarrow\mathbb{R}\) und nun erhalten wir wieder eine Matrix? Die Umformung dahin verstehe ich nicht so ganz. Da aus lim((x,y)->(0,0),\epsilon(x,y))=0 auch lim(x->0,\epsilon abs((x,x)))=0 folgt, betrachten wir nun diesen Grenzwert. lim(x->0,\epsilon abs((x,x)))=((g(x)-g(0))x)/(norm((x,x))). Habe ich jetzt nicht das selbe Problem, wie vorher mit dem y?. Es sei denn, was ich aber nicht glaube, dass \epsilon(x,x) folendermaßen aussieht: \epsilon(x,x)=((g(x)-g(0))y)/(norm((x,x))). Dann müsste g(x)=g(0) folgen. Zu ii): Wenn ich mich nicht irre, müsste folgendes gelten: abs(h_2(x,y))=abs(y/(norm((x,y)))=abs(y/(sqrt(x^2+y^2)))<=1=M, da die Wurzelfunktion monoton steigend ist und somit immer y<=sqrt(x^2+y^2) gilt. Damit folgt: 0<=abs(\epsilon(x,y))<=abs((g(x)-g(0)) Da dann lim((x,y)->(0,0),(g(x)-g(0))=0, da nach Voraussetzung lim(x->0,g(x))=g(0), muss auch lim((x,y)->(0,0),\epsilon(x,y))=0 folgen. Gruß Lisa


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semasch
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  Beitrag No.5, eingetragen 2021-06-01

Nun, $f$ ist eine Abbildung von $\mathbb{R}^2$ nach $\mathbb{R}$, und als solche ist die Ableitung $df(x,y)$ in einem Punkt $(x,y) \in \mathbb{R}^2$ ein Element des $L(\mathbb{R}^2,\mathbb{R})$, d.h. eine lineare Abbildung von $\mathbb{R}^2$ nach $\mathbb{R}$ bzw. ein Element des $\mathbb{R}^{1 \times 2}$, d.h. eine $1 \times 2$-Matrix, wenn wir (wie üblich) die Elemente des $L(\mathbb{R}^2,\mathbb{R})$ mit ihren Matrixdarstellungen bezüglich der kanonischen Basis identifizieren. Die allgemeine Definition der Differenzierbarkeit und Ableitung (hier speziell für den Punkt $(0,0)$) findest du in der ersten Gleichung in meiner ersten Antwort in Beitrag #1. Selbige sollte auch (dem Inhalte nach) genau so in deiner Vorlesung für mehrdimensionale Funktionen eingeführt worden sein. Im Gegensatz zu eindimensionalen Funktionen treten hier eben, der Mehrdimensionalität wegen, anstelle von Skalaren Matrizen und Vektoren auf. Wo du eine Funktion von $\mathbb{R}$ nach $\mathbb{R}$ siehst, weiß ich leider nicht; die einzige, die hier involviert ist, ist $g$, aber wir interessieren uns ja für die Differenzierbarkeit von $f$. Zu (i): Mit $|\epsilon(x,x)|$ war der der Betrag von $\epsilon(x,x)$ gemeint; dem Ausdruck $\epsilon|(x,x)|$ kann ich leider keinen Sinn geben. Wie dem auch sei, ersteres Objekt lässt sich wie folgt umschreiben: \[|\epsilon(x,x)| = |g(x)-g(0)| \left|\frac{x}{\|(x,x)\|}\right|.\] Wenn du den obigen Quotienten mithilfe von $\|(x,x)\| = |x| \|(1,1)\| = \sqrt{2} |x|$ umschreibst, dann solltest du mit dem Grenzverhalten von $|\epsilon(x,x)|$ auf das von $|g(x)-g(0)|$ schließen können. Zu (ii): Ja, das ist ganz richtig so (nur eine Kleinigkeit: die benötigte Ungleichung ist $|y| \le \sqrt{x^2+y^2}$). LG, semasch


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lisa11
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  Beitrag No.6, vom Themenstarter, eingetragen 2021-06-01

Hey, danke nochmal für die Erklärung. Ich hab da einfach ganz viel durcheinander gebracht. Also ich versuche i) jetzt nochmal richtig: i)Da aus lim((x,y)->(0,0),\epsilon(x,y))=0 auch lim(x->0,\epsilon abs((x,x)))=0 folgt, betrachten wir nun diesen Grenzwert. lim(x->0,\epsilon abs((x,x))) \epsilon abs((x,x))=abs((g(x)-g(0))) abs(x/(norm((x,x))))=abs((g(x)-g(0))) abs(x/(abs(x)*norm((1,1))))=abs((g(x)-g(0))) abs(x/(abs(x) sqrt(2)))=abs((g(x)-g(0))) abs(1/ sqrt(2)) Ich hoffe das passt jetzt so :) LG Lisa


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semasch
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  Beitrag No.7, eingetragen 2021-06-01

Genau, die Vereinfachung von $|\epsilon(x,x)|$ passt jetzt so. 👍 Daraus in Verbindung mit $\lim_{x \to 0} |\epsilon(x,x)| = 0$ folgt dann natürlich auch direkt $\lim_{x \to 0} g(x) = g(0)$. LG, semasch


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  Beitrag No.8, vom Themenstarter, eingetragen 2021-06-01

Super, vielen Dank für deine Hilfe. Viele Grüße Lisa


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lisa11 hat selbst das Ok-Häkchen gesetzt.

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