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Kein bestimmter Bereich Kursentstehung von Wertpapieren
rianx
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  Themenstart: 2019-06-18

Hi! Nehmen wir mal folgenden Sachverhalt an: Wertpapier X wird aktuell an der Börse zu Preis Y gehandelt und nun wird das Volumen von X massiv erhöht, indem viele Investoren Geld in X einzahlen. Steigt oder fällt dadurch der Preis von X? Bzw. welche Faktoren spielen in diesem Zusammenhang für das Steigen und Fallen noch weitere Rollen? Danke! Grüße


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Bilbo
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  Beitrag No.1, eingetragen 2019-06-18

Hallo rianx, der Kurs wird üblicherweise als derjenige Preis ermittelt, bei dem der höchste Umsatz entsteht, d.h. die meisten Wertpapiere den Besitzer wechseln. Dabei muss jeder Käufer angeben, welchen Preis er maximal zu zahlen bereit wäre, und umgekehrt muss jeder potentielle Verkäufer angeben, wieviel Geld er mindestens für seine Papiere haben möchte, damit er überhaupt zum Verkauf bereit ist. Rein theoretisch lässt sich somit gar keine Aussage darüber machen, wie der Kurs sich im Szenario erhöhter Nachfrage entwickelt. Denn wenn z.B. alle Käufer sagen, sie möchten höchstens den Preis Y' < Y bezahlen, und die Verkäufer bereit sind, ihre Wertpapiere dafür herzugeben, dann wird Y' der neue Kurs sein. In der Praxis ist dieses Szenario aber unwahrscheinlich; denn wenn eine Aktie gerade stark nachgefragt ist, hat das ja üblicherweise einen Grund, und derselbe Grund wird dazu führen, dass die Verkäufer für ihre Stücke auch einen entsprechenden Preisaufschlag verlangen, d.h. mindestens den Preis Y' > Y dafür haben möchten. Wenn das allgemeine Kaufinteresse entsprechend groß ist, werden sich auch Käufer finden, die diesen Preis zu zahlen bereit sind. Somit steigt der Kurs. Dies einmal als kurze und vereinfachte Erklärung. Viele Grüße Thorsten


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Kitaktus
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  Beitrag No.2, eingetragen 2019-06-21

Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstanden habe, Du schreibst "indem viele Investoren Geld in X einzahlen". Meinst Du damit, dass a) die Investoren in das Unternehmen X investieren, z.B. über neu ausgegebene Aktien? b) Oder denkst Du eher an einen Aktienfond, der neue Anleger gewinnt? c) Oder an eine Aktie, mit vielen Kaufinteressenten? c) Wird durch die Antwort von Bilbo recht gut abgedeckt. Mehr Kaufinteressenten = tendenziell höherer Preis. Es gibt aber auch Konstellationen, in denen der Preis sink, weil es zwar viele (neue) Kaufinteressenten gibt, diese aber weniger als den aktuellen Preis zahlen wollen. b) Gerade bei Fonds mit hoher Streuung (also bei Investition in viele verschiedene Papiere), kann es passieren, dass "viele Kaufinteressenten" eine so geringe Auswirkung haben, dass das im Rauschen untergeht. a) Nach der Ausgabe neuer Aktien kann sich der Kurs ganz anders entwickeln. Variante 1) Es gab vorher eine große Nachfrage, aber nur ein geringes Angebot. Wer die Aktie haben wollt, musste viel bezahlen. Mit der Ausgabe der Aktien, können viele ihren Kaufwunsch befriedigen, die Nachfrage lässt nach, der Preis sinkt. Variante 2) Angebot ist kaum vorhanden. Die Nachfrage ist (viel) höher als die Menge der neu aufgelegten Aktien. Spekulanten ordern Aktien, in der Hoffnung, sie nach der Ausgabe an Interessenten zu verkaufen, die zu kurz gekommen sind. Die Kurse steigen nach Ausgabe. Variante 3) Wie 2), aber das Interesse ist dann doch nicht so hoch, wie von den Spekulanten erhofft. Fast alle Interessenten kamen bei der Ausgabe zum Zug. Die Kurse geben nach und die Spekulanten werfen ihre Pakete auf den Markt, um wieder liquide zu werden. Die Kurse brechen weiter ein. Eine Zeitlang wurde in Deutschland vielen Laien suggeriert, dass nach einer Neuausgabe von Aktien die Kurse _immer_ steigen. Teils zufällig, teils aufgrund vieler unerfahrener Käufer funktionierte das auch einige Male ganz gut, so dass viele Neulinge diese "Regel" verinnerlichten und Aktien kauften, von denen sie keinerlei Vorstellung über eine mögliche Kursentwicklung hatten, weil der Kursgewinn sicher schien. Da wurden zum Teil große Beträge von unten nach oben umverteilt und viele Menschen haben eine schmerzhafte Lektion gelernt. Hinterher "wundert" man sich, warum die Deutschen eher die Finger von Aktien lassen und wie "unschlau" das doch wäre. Für mich klingt das immer ein bisschen wie "Och kommt schon, wir brauchen doch ein paar Leute, die wir über den Tisch ziehen können." Kann ja sein, dass man mit Aktien _im Mittel_ höhere Erträge erzielt, als mit anderen Anlagen. Der Börsenprofi begnügt sich aber nicht mit diesen "mittleren Erträgen", er möchte richtig fette Gewinne und dazu braucht er Leute, die unterdurchschnittlich gewinnen, oder gar nicht, oder am besten richtig Miese machen. Also wie wär's? Ich hätte da einen todsicheren Tipp!


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AnnaKath
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  Beitrag No.3, eingetragen 2019-07-29

Huhu Kitaktus! \quoteon(2019-06-21 18:28 - Kitaktus in Beitrag No. 2) Da wurden zum Teil große Beträge von unten nach oben umverteilt und viele Menschen haben eine schmerzhafte Lektion gelernt. Hinterher "wundert" man sich, warum die Deutschen eher die Finger von Aktien lassen und wie "unschlau" das doch wäre. Für mich klingt das immer ein bisschen wie "Och kommt schon, wir brauchen doch ein paar Leute, die wir über den Tisch ziehen können." Kann ja sein, dass man mit Aktien _im Mittel_ höhere Erträge erzielt, als mit anderen Anlagen. Der Börsenprofi begnügt sich aber nicht mit diesen "mittleren Erträgen", er möchte richtig fette Gewinne und dazu braucht er Leute, die unterdurchschnittlich gewinnen, oder gar nicht, oder am besten richtig Miese machen. Also wie wär's? Ich hätte da einen todsicheren Tipp! \quoteoff Was soll die Polemik? Und woher nimmst Du da die Evidenz? Deine persönliche Kränkung durch Manfred Krug und die "Volksaktie" der Telekom? Dies ist in etwa genauso begründet wie die folgende Aussage: "Es ist schwer, das lamoryante Geheule von Menschen zu ertragen, die ernsthaft glauben durch die Nullzinspolitik der EZB um ihre 'verdiente' Altervorsorge gebracht zu werden. Im Grunde sind Zinsen ohne Risiko völlig ungerechtfertigt und das Gemurre darüber der Ausdruck ängstlicher Anhänger eines Nanny-Staates." Etwas launig, AK.


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Kitaktus
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  Beitrag No.4, eingetragen 2019-07-30

\quoteon(2019-07-29 20:41 - AnnaKath in Beitrag No. 3) \quoteon(2019-06-21 18:28 - Kitaktus in Beitrag No. 2) Da wurden zum Teil große Beträge von unten nach oben umverteilt und viele Menschen haben eine schmerzhafte Lektion gelernt. Hinterher "wundert" man sich, warum die Deutschen eher die Finger von Aktien lassen und wie "unschlau" das doch wäre. Für mich klingt das immer ein bisschen wie "Och kommt schon, wir brauchen doch ein paar Leute, die wir über den Tisch ziehen können." Kann ja sein, dass man mit Aktien _im Mittel_ höhere Erträge erzielt, als mit anderen Anlagen. Der Börsenprofi begnügt sich aber nicht mit diesen "mittleren Erträgen", er möchte richtig fette Gewinne und dazu braucht er Leute, die unterdurchschnittlich gewinnen, oder gar nicht, oder am besten richtig Miese machen. Also wie wär's? Ich hätte da einen todsicheren Tipp! \quoteoff Was soll die Polemik? Und woher nimmst Du da die Evidenz? Deine persönliche Kränkung durch Manfred Krug und die "Volksaktie" der Telekom? \quoteoff Ich gebe zu, meine "Polemik" wird nicht hauptsächlich aus diesem Faden gespeist. Sie basiert auf generellen "Finanztipps", von denen ich einfach nicht glaube, dass sie aus altruistischen Motiven heraus unter die Leute gebracht werden. Wenn man Privatpersonen dazu bringt, ihr Geld in Aktien zu investieren, so gibt es zwei Möglichkeiten: a) Sie legen das Geld in Fonds an, und bezahlen in der Regel Ausgabeaufschläge. b) Sie legen ihr Geld direkt an. Den meisten privaten Anlegern fehlt allerdings das Knowhow und die Zeit, um sehr gute Anlageentscheidungen zu treffen. Wenn eine Aktie einbricht, weil ein großer Auftrag geplatzt ist, oder Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden usw. können einige "Börsenprofis" noch rechtzeitig aussteigen, weil sie die Kursentwicklungen dauerhaft im Blick haben. Viele private Anleger erfahren dann davon aus den Nachrichten (wenn überhaupt), wenn schon alles zu spät ist. Private Anleger schneiden also tendenziell unterdurchschnittlich ab. Wenn man diesen Grad der Unterdurchschnittlichkeit nicht beziffern kann, dann sagt die Angabe des Durchschnitt wenig aus. Mir ist klar, dass ich für all diese "Behauptungen" keine empirischen Beweise vorgelegt habe. Bevor ich mich jetzt abmühe, danach zu suchen, welche der "Behauptungen" sind denn zweifelhaft? Den Vergleich mit der Kritik an der Nullzinspolitik habe ich nicht verstanden. Am Rande der Überlegung: Man kann sich ja die Entwicklung des DAX der letzten n Jahre anschauen. Allerdings sind die im DAX enthaltenen Werte ja nicht konstant. Firmen, deren Kurs stark gefallen ist(*), fallen aus dem DAX, "aufsteigende" Aktien kommen neu dazu. Wie gut spiegelt die Entwicklung des DAX die durchschnittliche Entwicklung einer Aktie wieder? Totalausfälle sind da ja praktisch nicht enthalten. (*) Das genaue Kriterium kenne ich nicht. Der Umsatz?


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AnnaKath
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  Beitrag No.5, eingetragen 2019-07-30

Huhu Kitaktus und danke für den Kommentar, nun, ich will nicht verhehlen etwas schlecht gelaunt auf eines meiner persönlichen Reizthemen "angesprungen" zu sein und möchte den Ton sogleich entschärfen. Ein paar kurze Anmerkungen, aus denen vermutlich hervorgeht, warum ich etwas allergisch auf dieses Thema reagiere: \quoteon(2019-07-30 16:32 - Kitaktus in Beitrag No. 4) Sie basiert auf generellen "Finanztipps", von denen ich einfach nicht glaube, dass sie aus altruistischen Motiven heraus unter die Leute gebracht werden. \quoteoff Da stimme ich Dir zwar zu, aber die meisten Empfehlungen (außer vielleicht von engen Freunden oder Familienmitgliedern) sind im Allgemeinen nicht rein altruistisch. Auch Greta Thunberg hat ganz sicher ein Anliegen, wenn sie zu Menschen spricht. Es mag ja sein, dass dieses Dir besser gefällt (mir auch), aber natürlich "manipuliert" sie genauso aus "persönlichen" Motiven. \quoteon Wenn man Privatpersonen dazu bringt, ihr Geld in Aktien zu investieren, so gibt es zwei Möglichkeiten: a) Sie legen das Geld in Fonds an, und bezahlen in der Regel Ausgabeaufschläge. b) Sie legen ihr Geld direkt an. Den meisten privaten Anlegern fehlt allerdings das Knowhow und die Zeit, um sehr gute Anlageentscheidungen zu treffen. Wenn eine Aktie einbricht, weil ein großer Auftrag geplatzt ist, oder Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden usw. können einige "Börsenprofis" noch rechtzeitig aussteigen, weil sie die Kursentwicklungen dauerhaft im Blick haben. Viele private Anleger erfahren dann davon aus den Nachrichten (wenn überhaupt), wenn schon alles zu spät ist. Private Anleger schneiden also tendenziell unterdurchschnittlich ab. Wenn man diesen Grad der Unterdurchschnittlichkeit nicht beziffern kann, dann sagt die Angabe des Durchschnitt wenig aus. \quoteoff Nun, das ist natürlich ebenfalls kaum zu bezweifeln. Aber in Deinen Formulierungen schwingt der Unterton mit, dies sei "unfair". a) Einem Steuerberater, Friseur oder Musiklehrer für unsere Tochter bezahle ich auch eine Gebühr für seine Dienstleistung (die ich jeweils im Grunde auch selber bzw. in der Familie erledigen [lassen] könnte). Darüber regt sich anscheinend niemand auf. Aber ein "Ausgabeaufschlag" ist verwerflich? Wieso misst man hier mit zweierlei Maß? b) Natürlich ist die Beobachtung korrekt. Warum stört Dich das so sehr? Der Nahostkorrespondent des WDR ist besser über den syrischen Bürgerkrieg informiert als die meisten Anderen, ein Fussballspieler des FC Bayern spielt weitaus besser als der bierbäuchige Nachbar in der Altherrenmannscheft des örtlichen Kreisligavereins, Peter Scholze ist praktisch jedem Menschen darin überlegen, Übungszettel zur Algebra zu lösen. Na und? Deshalb heisst es ja "Profi" und nicht "Amateur". Du scheinst zu kritisieren, dass es hierbei um Geld geht und nicht um ein (relatives) "Hobby". \quoteon Den Vergleich mit der Kritik an der Nullzinspolitik habe ich nicht verstanden. \quoteoff Ich wollte damit eine andere Position aufzeigen, die meiner Meinung nach ebenso unbegründet ist, aber sicherlich keine gesellschaftliche Mehrheitsmeinung (allerdings ein wenig meine persönliche Meinung) wiederspiegelt. Natürlich dient das ein wenig der Provokation, andererseits aber auch dazu, meinen Standpunkt zu untermauern, dass es viel leichter ist (relativ oberflächlich) in ein Horn zu stossen, das auch viele/die meisten Andere(n) benutzen. \quoteon (*) Das genaue Kriterium kenne ich nicht. Der Umsatz? \quoteoff Die Kriterien sind Streubesitz-Anteil, Marktkapitalisierung und Börsenumsatz. Warum argumentiere ich hier relativ vehement? Nun, sicherlich hat das auch mit meinem Beruf und meiner Ausbildung zu tun, es ist also auch ein persönliches Thema. Aber darüber hinaus finde ich es auch geradezu absurd, wie insbesondere in Deutschland wirtschaftliche und finanzielle Themen als verpönt gelten. Dies geht jeden von uns an; wir benötigen (fast) alle Geld, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten und uns den ein oder anderen Luxus zu gönnen. Nun, es muss niemanden interessieren wie Aktienmärkte funktionieren, was Banken so tun oder welche Auswirkungen Steuererhöhungen oder das Absenken von Sozialleistungen neben dem Offensichtlichen haben. Aber dann darf man sich auch nicht beschweren, wenn Andere mehr von diesem "System" profitieren. Wirtschaftswissenschaftlich unbestritten ist Deutschland besonders ineffizient darin, sein durchaus beachtliches Vermögen zu verwalten (und benötigt dadurch vergleichsweise hohe Steuern, etwa um die Rentenversicherung zu subventionieren). Natürlich ärgert mich das sowohl persönlich als auch politisch. Keiner hier im Forum ist für eine Zwangspromotion eines jeden Menschen in Mathematik (die meisten würden vermutlich sogar zustimmen, dass dafür Fleiss, Talent und harte Arbeit nötig sind). Wieso sollte das im Bereich der Finanzen nicht gelten? Woher kommt dieser Anspruch und die stets mitschwingende Kritik, dass Menschen, die ihr Geld mit Geld verdienen irgendwie schmierig sind? Am Rande, eine solche Einstellung werfe ich Dir nicht persönlich vor, ich nutze nur den Anlass. Ausserdem wird diese Meinung ja nun wirklich von ziemlich vielen Menschen und Organisationen (einschl. nahezu aller Religionen, alleine das wirkt für mich verdächtig!) vertreten. Ja, auch mir ist ein Kinderarzt intuitiv vielleicht ein wenig sympathischer als ein Geldverleiher auf der Pferderennbahn. Allerdings auch lieber als ein Arbeiter bei Rheinmetall oder ein Dieselmotordesigner bei VW... Trotzdem sollte man das nicht unreflektiert verallgemeinern. Nun, ich möchte eine Lanze brechen für Zehntausende von Bankangestellten und anderen in der "Finanzbranche" Beschäftigten, die eben nicht alle "heuschreckige" Fondsmanager sind, Geldwäsche und Steuerhinterziehung betreiben oder "unproduktive" Trader, sondern schlicht einen halbwegs sinnstiftenden Job haben wollen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten (und die meisten bekommen noch nicht einmal die "furchtbaren" Boni). Für diese Kollegen tut es mir nämlich sehr leid. lg, AK. PS. Ich könnte einen regelrechten MP-Shitstorm auslösen, wenn ich undifferenziert etwas - nunja - Kritisches über Lehrer sagte, oder? *g*


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Kitaktus
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  Beitrag No.6, eingetragen 2019-07-31

Hallo AnnaKath, Hallo alle anderen, ich denke, dass rein mengenmäßig die meisten in der Finanzbranche tätigen Personen relativ nette, anständige, solide und ehrliche Menschen sind (das gilt übrigens auch für Dieselmotordesigner bei VW). Ich habe aber auch andere erlebt und ich habe erlebt, dass der Übergang zwischen nett, naiv, schmierig und maßlos ein fließender ist. Mein persönlicher Tiefpunkt war ein "Finanzberater", der mir nach drei, vier Gesprächen, in denen er gemerkt hatte, dass ich ein bisschen mehr von der Materie verstehe als der Durchschnittskunde(*), vorgeschlagen hat, selbst als Berater zu arbeiten. Dabei hat er wahnwitzig hohe Einkünfte in Aussicht gestellt, die im wesentlichen dadurch zustande kommen sollten, dass ich wiederum weitere Berater anwerbe, die wiederum weitere Berater anwerben usw. und ein Teil von all deren Provision sollte dann mir zufließen. Ein klassisches Pyramidensystem.(**) In all seinen Ausführungen ging es nur darum, wie viel Geld man damit verdienen könnte. An keiner Stelle wurde auch nur behauptet, es ginge darum, Anleger ordentlich zu beraten. (*) Im nachhinein wurde mir klar, dass die "Bestätigung" dieser Expertise nicht ganz selbstlos war. Damit konnte er in seinem Beratungsprotokoll des Kreuzchen "Kunde kennt sich sehr gut aus" setzen, womit es ihm möglich war, mir wesentlich riskantere Produkte zu empfehlen, ohne selbst zu riskieren, dass das vor Gericht mal gegen ihn verwendet werden könnte. (**) Laut Wikipedia ist das betroffene Unternehmen mit genau diesem Pyramidensystem auch heute noch (sehr erfolgreich) aktiv. Es tut mir ein Stückweit leid, dass das Image von anderen Leuten, die "irgendwie mit Geld" zu tun haben unter solchem Gebaren leidet. Wobei "irgendwie mit Geld" ja ein sehr weites Feld ist. Das beginnt bei dem Bankberater, der mit mir zusammen die Unterlagen für einen Kreditantrag ausfüllt, geht über Vermögensverwalter, die sich bemühen das Geld anderer langfristig sicher und gewinnbringend anzulegen und endet bei Menschen, deren Anspruch es ist Millionen-Einkünfte zu erzielen, ohne dabei irgendeine Dienstleistung zu erbringen(***). Ich finde es nicht sinnvoll, auf die Kritik an den einen zu verzichten, nur weil die anderen sich da mitgemeint fühlen könnten. (***) Mikrosekunden vor allen anderen zu wissen, dass ein Kunde A bereit ist zum Preis $x$ zu verkaufen und ein Kunde B bereit ist zum Preis $y>x$ zu kaufen und dann bei A zum Preis von $x$ zu kaufen, um dann wenige Mikrosekunden später an B zum Preis von $y$ zu verkaufen und sich die Differenz $y-x$ in die eigene Tasche zu stecken, ist für mich keine Dienstleistung. Den Vergleich mit Greta Thunberg finde ich sehr bemüht. Welchen persönlichen Vorteil hat sie davon, wenn ich im Urlaub mit dem Zug und dem Fahrrad fahre statt zu fliegen? Wie steht das im Vergleich zu einem Finanzberater, dessen Provision ganz konkret davon abhängt, ob er mich von irgendeinem Finanzprodukt überzeugen kann (und von welchem)? In meinen Augen ist das Provisionsmodell für den Endkunden ein sehr schlechtes. Der Kunde bezahlt de facto für die Dienstleistung des Beraters, der betrachtet aber eigentlich die Fonds/Banken/etc. als seine Kunden und vertritt _deren_ Interessen. Womit wir bei der Kritik an Ausgabeaufschlägen wären. Wenn in meinen vorigen Beiträgen den Eindruck entstanden ist, ich würde Aufschläge als "ungerecht" ablehnen, so tut es mir leid. Das war nicht meine Absicht. Mir ging es da speziell darum, dass das Kosten sind, die die Rendite verringern, was man berücksichtigen sollte, wenn man Finanzprodukte miteinander vergleicht. Das die Verwaltung eines Fonds Geld kostet, was letzten Endes vom Anleger kommen muss, ist mir klar. Zum Teil bin ich mit dem Service den ich dafür bekomme sehr unzufrieden, zum Teil finde ich es unangemessen, wie viel vom Ausgabeaufschlag beim Vermittler landet, aber ich finde Ausgabeaufschläge nicht prinzipiell ungerechtfertigt.


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Kuestenkind
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  Beitrag No.7, eingetragen 2019-07-31

Huhu Anna, \quoteon(2019-07-30 18:52 - AnnaKath in Beitrag No. 5) PS. Ich könnte einen regelrechten MP-Shitstorm auslösen, wenn ich undifferenziert etwas - nunja - Kritisches über Lehrer sagte, oder? *g* \quoteoff das wagst du wohl hoffentlich nicht! :-P Liebe Grüße, Küstenkind


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AnnaKath
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  Beitrag No.8, eingetragen 2019-07-31

Huhu noch einmal, wir haben wohl bereits einen Konsens gefunden, deshalb möchte ich nur noch einige Ergänzungen vornehmen. \quoteon(2019-07-31 12:16 - Kitaktus in Beitrag No. 6) Ein klassisches Pyramidensystem.(**) In all seinen Ausführungen ging es nur darum, wie viel Geld man damit verdienen könnte. An keiner Stelle wurde auch nur behauptet, es ginge darum, Anleger ordentlich zu beraten. \quoteoff Selbstverständlich sind Strukturvertriebe immer kritisch zu sehen und tatsächlich besteht ihr Geschäftsmodell entweder aus wirklich illegalen Ponzi-Schemata oder der zumindest billig in Kauf genommenen Absicht, andere Menschen zu übertölpeln. Auf einem Basar mag das im Einzelfall als gelungener Handel gesehen werden, daraus ein Geschäftsmodell zu machen ist natürlich zu kritisieren. Ich will auch gar nicht verhehlen, dass die "Finanzbranche" (jedenfalls an einem gewissen Ende des Spektrums) durchaus besonders viele empathislose, gierige Menschen anzieht. \quoteon Laut Wikipedia ist das betroffene Unternehmen mit genau diesem Pyramidensystem auch heute noch (sehr erfolgreich) aktiv. \quoteoff Nun, ich will mich hier mal zu der Bemerkung hinreissen lassen, dass auch ich es weitaus bevorzugen würde, eine Schauspielerin durch ein Regierungsamt zu erobern, als durch das mit einem Strukturvertrieb für weitgehend unnötige "Produkte" erworbene Vermögen. Aber natürlich ist das in beiden Konstellationen eine reine Privatsache. \quoteon Den Vergleich mit Greta Thunberg finde ich sehr bemüht. Welchen persönlichen Vorteil hat sie davon, wenn ich im Urlaub mit dem Zug und dem Fahrrad fahre statt zu fliegen? Wie steht das im Vergleich zu einem Finanzberater, dessen Provision ganz konkret davon abhängt, ob er mich von irgendeinem Finanzprodukt überzeugen kann (und von welchem)? \quoteoff Den selben Vorteil, den auch ich habe, wenn ich meine Flüge bei atmosfair kompensiere, neuerdings ein (Hybrid-)Elektrofahrzeug fahre, Geld an Wikipedia spende oder entgegen meinem dringlichen Wunsch, einmal Samarkand zu besuchen, nicht dort hin fahre*: Ein rein(er)es Gewissen, das Gefühl, etwas Richtiges zu tun oder die Freude, Menschen, die etwas vernünftiges tun, dabei zu unterstützen. Es muss nichts Schlimmes sein, wenn man auch persönliche Befriedigung aus dem Engagement für eine Sache zieht. Es kann sogar im Rahmen aller billig und gerecht Denkender vernünftig und für die Gesellschaft (oder den Planeten) nützlich sein. Letztere Konstellation macht es natürlich weitaus erträglicher für Andere... Und insofern ist dieser Kommentar auch provokativ gewesen. Zwar bin ich bei der genannten Person (so sehr sie mich persönlich beeindruckt) wie bei jeder Ein-Themen-NGO etc. immer etwas vorsichtig. Andererseits schliesse ich mir Deiner Anmerkung an, dass das eine tun nicht zwangsläufig bedeutet, das andere zu lassen. \quoteon In meinen Augen ist das Provisionsmodell für den Endkunden ein sehr schlechtes. Der Kunde bezahlt de facto für die Dienstleistung des Beraters, der betrachtet aber eigentlich die Fonds/Banken/etc. als seine Kunden und vertritt _deren_ Interessen. \quoteoff Selbstverständlich hast Du hier in der Sache völlig recht. Trotzdem kann ich hoffentlich anmerken, dass selbst skrupellose Drückekolonnen niemanden wirklich zwingen, irgendetwas bei ihnen zu kaufen und besser informierte Kunden vielleicht auch ein wenig resistenter gegen solcherlei Methoden wären. Die Frage ist also, ob man nur die Nase rümpfen sollte, oder Menschen dahingehend aufklären kann, dass solche Geschäftsmodelle chancenlos sind. lg, AK. *) In Usbekistan, ein bevorzugter APS-Handelpartner der EU, kennt noch Zwangsarbeit. Bezeichnenderweise auf Baumwollplantagen. Hierfür fiele mir auch ein anderes Wort ein...


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Kitaktus
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  Beitrag No.9, eingetragen 2019-08-01

\quoteon(2019-07-31 21:38 - AnnaKath in Beitrag No. 8) Trotzdem kann ich hoffentlich anmerken, dass selbst skrupellose Drückekolonnen niemanden wirklich zwingen, irgendetwas bei ihnen zu kaufen und besser informierte Kunden vielleicht auch ein wenig resistenter gegen solcherlei Methoden wären. Die Frage ist also, ob man nur die Nase rümpfen sollte, oder Menschen dahingehend aufklären kann, dass solche Geschäftsmodelle chancenlos sind. \quoteoff Da sind wir komplett(*) einer Meinung. Mein Anliegen war, dem Argument "Schauen sie sich die durchschnittliche Wertentwicklung von Aktien an, die ist viel besser als ..." ein "Bedenken sie dabei aber, dass sie selbst wahrscheinlich nicht die Performance eines professionellen Brokers erreichen werden" oder wahlweise ein "Achten sie auf die Ausgabeaufschläge" hinzuzufügen. (*) Ja, "selbst skrupellose Drückekolonnen [zwingen] niemanden wirklich" - zumindest nicht, wenn ich dabei bin. Leider habe ich in meinem Umfeld trotzdem ein paar Menschen, die den Drückern anscheinend hilflos ausgeliefert sind - "Das war doch so eine nette junge Frau ...".


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